Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Aussetzung, § 221 StGB
Versetzen in hilflose Lage 4
Versetzen in hilflose Lage 4
16. April 2025
9 Kommentare
4,7 ★ (6.911 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T schaut tatenlos zu, wie ihr zwei Jahre altes Kind O auf die an das Grundstück angrenzende Hauptverkehrsstraße krabbelt.
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Einordnung des Falls
Versetzen in hilflose Lage 4
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat O durch aktives Tun "in eine hilflose Lage versetzt" (§ 221 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat O durch Unterlassen "in eine hilflose Lage versetzt" (§§ 221 Abs. 1 Nr. 1, 13 Abs. 1 StGB).
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ehemalige:r Nutzer:in
30.7.2022, 17:38:04
Ist dadurch dann nicht auch zeitgleich §221 I Nr. 2 verwirklicht? Und wie sähe es aus, wenn A (der keine Garantenstellung für B hat) den B in eine hilfslose Lage versetzt und ihn dort im Stich lässt? Wäre dann ebenfalls §221 I Nr. 2 verwirklicht (Ingerenz)?

Nora Mommsen
3.8.2022, 14:18:57
Hallo Spyce, in der Tat ist es so, dass innerhalb des § 221 mit einer Aussetzung nach Abs. 1 Nr. 1 fast immer eine solche nach Abs. 1 Nr. 2 einher, weil die Tat, das Opfer in eine hilflose Lage zu versetzen, immer beistandspflichtig macht; Nr. 2 wird dann von Nr. 1 konsumiert. Bei Ingerenz oder anderer Beistandspflicht z.B. der eines Krankenpflegers ist bei der Tathandlung des Imstichlassens dann auch Nr. 2 verwirklicht. Viele Gürße, Nora - für das Jurafuchs-Team
as.mzkw
21.2.2025, 12:05:47
Ist in einer Klausur dann trotzdem mit §§ 221 I Nr. 1, 13 I StGB zu beginnen?
YI
23.11.2024, 15:04:52
Ich bin etwas von der Formulierung des Maßstabs verwirrt. Dieser sagt ja dass eine Garantenstellung des Täters für das Unterlassen nach §13 I StGB erforderlich ist. Jedoch brauch ich diese Garantenstellung iSd. §13 I StGB doch schon für den §221 StGB. Somit stellt diese keine spezielle
Erforderlichkeitder Garantenstellung beim Unterlassen. Würde mich freuen wenn mir dass jemand erklären könnte :)
Lorenz
23.11.2024, 16:15:34
Da verwechselst du etwas. § 13 I StGB "macht" ein Delikt zu einem unechten Unterlassungsdelikt. Z.B. §§ 212, 13 ist Totschlag durch Unterlassen. Garantenstellung erforderlich. Daneben gibt es auch echte Unterlassungsdelikte wie § 323 c. Aber auch § 221 I Nr. 2 StGB. Bei diesen ist keine Garantenstellung erforderlich.
Leo Lee
24.11.2024, 10:30:11
Hallo YI, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wie Lorenz bereits zutreffend angemerkt hat, muss man bei 221 I zw. Nr. 1 und 2 unterscheiden. Bei Nr. 1 begeht man aktiv eine Versetzung in eine hilflose Lage; hier wird allerdings keine Garantestellung/Obhutspflicht oder sonst. Stellung wie bei Nr. 2 erfordert. Deshalb kann man diese Versetzung i.S.d Nr. 1 AUCH durch eine "normale" Unterlassung gem. 13 StGB begehen. Nr. 2 hingegen fordert von vornherein, dass den Täter eine bestimmte Pflicht (was auch, aber nicht nur, eine Garantenstellung i.S.d. 13 StGB sein kann) trifft. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Hardtung § 221 Rn. 14 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
YI
24.11.2024, 13:26:25
Jetzt hab ich es verstanden! Vielen Dank für die schnelle Antwort!