Kondiktionsausschluss nach § 814: Leistung unter Vorbehalt


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M wohnt im Haus des V. Er bezahlt dort immer ein extra Entgelt, wenn er die Waschmaschine benutzen will. M weiß, dass die Nutzung der Waschmaschine bereits mit dem Mietzins abgegolten ist. Er zahlt deshalb, wie er V mitteilt, nur „unter Vorbehalt“

Einordnung des Falls

Kondiktionsausschluss nach § 814: Leistung unter Vorbehalt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat Eigentum und Besitz an dem extra gezahlten Bargeld „erlangt“ (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Ja!

„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jedwede Verbesserung der Vermögenslage. Man kann vier Kategorien unterscheiden: (1) Rechte (z.B. Eigentum), (2) vorteilhafte Rechtsstellungen (z.B. Besitz), (3) Befreiung von Verbindlichkeiten, (4) erlange Nutzungen. S hat hier durch die Übergabe durch M, Eigentum und Besitz erlangt und somit liegt eine Verbesserung der Vermögenslage vor.

2. V hat das Bargeld durch Leistung des M erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Die Zweckbestimmung der Leistung ist eine geschäftsähnliche Handlung. Das Vorliegen einer Leistung ist aus der objektiven Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) zu beurteilen. Die Zahlung des Bargelds stellt sich aus der Sicht des V als Zahlung auf die Verbindlichkeit dar, die aus der Nutzung der Waschmaschine resultiert.

3. M hat die Leistung „ohne Rechtsgrund“ bewirkt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Das Merkmal „ohne rechtlichen Grund“ entscheidet darüber, ob der Bereicherte die Bereicherung behalten darf. Es gibt keine einheitliche Definition der Rechtsgrundlosigkeit, die für alle Leistungskondiktionen gelten würde. Es sind zu unterscheiden: (1) Leistung zur Befreiung von einer Verbindlichkeit (condictio indebiti), (2) Rechtsgrund bestand, ist aber ex nunc entfallen (condictio ob causam finitam), (3) Leistung verfolgt einen Zweck, der über Befreiung von einer Verbindlichkeit hinausgeht (condictio ob rem) und (4) Gesetzes- oder Sittenverstoß des Leistungsempfängers (condictio ob turpem vel iniustam causam). Die Verpflichtung ein extra Entgelt zu bezahlen, bestand in Wahrheit nicht, da diese bereits abgegolten war. M hat also auf eine Nichtschuld gezahlt.

4. Der Anspruch auf Rückforderung ist ausgeschlossen, weil M wusste, dass er zur Zahlung nicht verpflichtet war.

Nein!

§ 814 Alt. 1 BGB ist eine Ausprägung von Treu und Glauben, wonach bei widersprüchlichem Verhalten (venire contra factum proprium) der Leistende nicht schutzbedürftig ist. Nach § 814 Alt. 1 BGB kann das Geleistete bei „Kenntnis der Nichtschuld“ nicht zurückgefordert werden. Voraussetzungen des Anspruchsausschlusses nach § 814 BGB sind: (1) Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit, (2) positive Kenntnis des Leistenden von der Nichtschuld (nach Parallelwertung in der Laiensphäre. M zahlte auf eine vermeintliche Verbindlichkeit. Er wusste, zu der Zahlung nicht verpflichtet zu sein. M kannte positiv die Nichtschuld. Er zahlte jedoch „unter Vorbehalt“. Sein Verhalten war nicht widersprüchlich. Nach Sinn und Zweck ist § 814 BGB nicht anzuwenden.

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