Schulung für Betriebsratsmitglieder
Individualarbeitsrecht II (Rechte & Pflichten)
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
Pflicht zur Leistung von Überstunden und Mehrarbeit?
Pflicht zur Leistung von Überstunden und Mehrarbeit?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
In Mirkos Arbeitsvertrag ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden geregelt. Ferner ist vereinbart, dass etwaige Überstunden angeordnet werden können und diese mit dem Gehalt abgegolten sind.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Pflicht zur Leistung von Überstunden und Mehrarbeit?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers gibt ihm stets das Recht auch Überstunden anzuordnen.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Muss Mirko auf Anordnung seiner Chefin Überstunden leisten?
Genau, so ist das!
3. Muss Mirko die Überstunden unentgeltlich leisten?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Da der Vertrag keine Vereinbarung über die Vergütung der Überstunden enthält, kann Mirko aber kein Geld, sondern nur Freizeitausgleich für geleistete Überstunden verlangen.
Nein!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Simon
12.6.2023, 23:11:33
Ist genau genommen dann nicht die Vereinbarung der Möglichkeit des Anordnens einer unbestimmten Anzahl von Überstunden nicht hinreichend klar und verständlich? Dann wäre ja nicht nur die pauschale Abgeltung aller Überstunden unwirksam, sondern schon die vertragliche Befugnis zur Anordnung der Überstunden.
Lukas_Mengestu
16.6.2023, 18:04:43
Hallo Simon, üblicherweise werden die Überstundenanordnungen sich darauf beziehen, dass diese angeordnet werden, wenn ein betrieblicher Bedarf besteht. Teilweise wird dies dann auch noch konkretisiert (zB unvorhergesehene Ereignisse wie Erkrankung anderer Arbeitnehmer bzw. Zeiten erhöhten Arbeitsaufkommens). Auch wenn der Umfang hierbei nicht klar ist, so ist dies für den Arbeitnehmer immer noch klar und verständlich und auch nicht unbillig, solange jede Überstunde dann auch vergütet wird. Denn dann bleibt es ja bei dem vertraglich vereinbarten Leistungsaustausch (Geld gegen Zeit). Eine Störung dieses Austausches schafft erst die Abgeltungsklausel, indem sie dem Arbeitnehmer für die Überstunden keinen Ausgleich gewähren will. Dies ist nach der Rspr. aber nur zulässig, solange hier formularmäßig geklärt ist, wie viele Stunden maximal davon umfasst sind. Nur dann kann sich der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss darauf einstellen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Simon
17.6.2023, 23:47:14
Bestimmt sich dann das erforderliche Maß an Klarheit und Verständlichkeit auch nach dem Inhalt der Regelung? Also grundsätzlich ist Vereinbarung zur Anordnung von Überstunden nicht unbillig, sodass die genaue Anzahl der Überstunden nicht ersichtlich sein muss. Vereinbarung zur pauschalen Abgeltung aller Überstunden weicht vom Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung ab, sodass die Klausel transparenter sein muss und die maximale Anzahl an abgegolten Überstunden enthalten muss.
emmiii
8.2.2024, 22:56:53
Darf der Arbeitgeber einseitig bestimmen in welcher Form die Überstunden abgegolten werden? Zb als Freizeitausgleich im Gegensatz zu Geld?
Leo Lee
10.2.2024, 16:42:54
Hallo emmiii, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat ist der Grundsatz Abgeltung durch Auszahlung (hier gilt dann § 612 I). Es sei denn natürlich, dass etwas anderes vertraglich vereinbart ist (allen voran Arbeitsvertrag). Wenn jedoch vertraglich/tariflich geregelt ist, dass Überstunden grds. durch Arbeitsbefreiung auszugleichen sind, so hat der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Wahl, zw. Vergütung und Freizeit zu wählen. Ein Anspruch des Arbeitnehmers ALLEINE auf Vergütung oder Freizeit besteht hingegen nicht. Jedoch ist selbstverständlich auch möglich, dass tariflich dem Arbeitnehmer dies selbst obliegt. Summa summarum: Grundsatz Geld, außer vertraglich anders vereinbart! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Erfurter Kommentar 24. Auflage, Preis § 611a BGB Rn. 458 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
MK-
11.4.2024, 17:18:33
Wurde nicht in dem hiesigen Fall (wenn auch unwirksam) eine Regelung hinsichtlich der Bezahlung der Überstunden getroffen ("mit Gehalt abgegolten")? Nach der letzten Frage steht, dass es eine solche Regelung hier nicht gab, oder ist damit gemeint, dass es sie nicht gab, weil die Regelung unwirksam war?
Schwanzanwaltschaft
11.7.2024, 17:32:11
Ist die AGB, dass Überstunden mit dem Lohn abgegolten sind, nicht eine zusammenhängende Klausel, sodass wenn die Regelung, dass die Überstunden unentgeltich erbracht werden müssen nichtig ist, gleichwohl auch die anordnungsbefugs des Arbeitgebers bezüglich der Überstunden nichtig ist ?
0815jurafuchs
8.10.2024, 17:05:20
Hallo, auf dieselbe Frage wurde hier geantwortet https://applink.jurafuchs.de/WUzGn4TUwNb. Ich denke,dass die Frage der Anordnung von Überstunden und deren Bezahlung zu trennen sind,so dass eine ungültige Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden nicht automatisch zu einer ungültigen
Anordnungsbefugnisdes AG führt, Überstunden zu leisten.