Mehrere Strafmilderungsgründe und Doppelverwertungsverbot

17. Juli 2025

2 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB) verurteilt. Das Gericht sieht A nicht als Mittäter an, weil er keine Vermögensbetreuungspflicht hatte. Das Gericht nimmt eine doppelte Strafrahmenmilderung vor (§§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB).

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Einordnung des Falls

Mehrere Strafmilderungsgründe und Doppelverwertungsverbot

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nimmt das Gericht mehrere Strafmilderungsgründe an, kann immer eine doppelte Strafrahmenverschiebung erfolgen (§ 49 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Treffen mehrere Strafmilderungsgründe zusammen, bei denen eine Herabsetzung der Strafe vorgeschrieben oder zugelassen ist, so ist eine mehrfache Herabsetzung des Strafrahmens nach § 49 Abs. 1 StGB möglich. Dies gilt jedoch nur, wenn die Milderungsgründe eine selbstständige tatsächliche Grundlage haben. Beruhen die Strafmilderungen auf demselben Umstand, scheidet eine doppelte Strafmilderung aus.
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2. Sowohl die Beihilfe (§ 27 Abs. 2 StGB) als auch das Fehlen besonderer persönlicher Merkmale beim Teilnehmer (§ 28 Abs. 1 StGB) führen für sich zwingend zu einer Strafmilderung.

Ja!

Im Falle der Beihilfe (§ 27 Abs. 2 StGB) und des Fehlens besonderer persönlicher Merkmale beim Teilnehmer, die die Strafbarkeit begründen (§§ 28 Abs. 1, 14 Abs. 1 StGB), muss der Strafrahmen jeweils gemildert werden, da beide Normen dem Tatgericht kein Ermessen eröffnen. Beides sind obligatorische Strafmilderungsgründe.Das besondere persönliche Merkmal (§ 14 Abs. 1 StGB) liegt hier in der Vermögensbetreuungspflicht, die das Gericht für A verneint.

3. Eine doppelte Strafrahmenmilderung ist vorliegend schon gemäß § 50 StGB (Doppelverwertungsverbot) ausgeschlossen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Hier treffen zwei Strafmilderungsgründe zusammen. § 50 StGB betrifft dagegen nur den Fall, dass ein tatsächlicher Umstand zugleich einen minder schweren Fall und einen Strafmilderungsgrund nach § 49 Abs. 1 StGB darstellt. Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn das Tatbild vom Durchschnittsfall der Norm so stark nach unten abweicht, dass eine Strafe nach dem Regelstrafrahmen eine unverhältnismäßige Härte bedeuten würde. Für minder schwere Fälle sind im Deliktstatbestand feste Strafrahmen festgeschrieben (vgl. § 213 StGB). Strafmilderungsgründe führen dagegen über §49 Abs. 1 StGB zur Strafrahmenverschiebung. Ein Fall des § 50 StGB liegt zB vor, wenn das Tatgericht einen minder schweren Fall des Totschlags nach § 213 StGB annimmt, weil die Tat mit psychischen Defekten des Täters zusammenhängt was auch die Strafmilderung nach § 21 StGB eröffnet.

4. Die doppelte Strafrahmenverschiebung durch das Tatgericht war hier rechtmäßig.

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich ist bei Zusammentreffen mehrerer zwingender Strafmilderungsgründe eine doppelte Strafrahmenmilderung vorzunehmen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Milderungsgründe eine selbstständige tatsächliche Grundlage haben. Hier führt aber dieselbe Tatsache, das Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht, sowohl über § 28 Abs. 1 StGB wie über § 27 Abs. 2 StGB ohne Hinzutreten irgendeines anderen Umstandes zur Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB. Die doppelte Strafmilderung war rechtsfehlerhaft. Grund ist das Konkurrenzverhältnis des § 28 Abs. 1 StGB und § 27 Abs. 2 StGB. Bei Einführung des § 28 Abs. 1 StGB wollte der Gesetzgeber die damals noch fakultative Strafmilderung für Beihilfe Leistende (§ 27 Abs. 2 StGB) für den Fall des Fehlens besonderer persönlicher Merkmale zwingend machen und ging so insgesamt nur von einer möglichen Strafmilderung aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SPA

sparfüchsin

25.5.2025, 14:39:52

Heisst, hier gilt (ganz normal) das

Doppelverwertungsverbot

, aber man kann es nicht auf § 50 stützen, weil der nur für Zusammentreffen von

minder schwerer Fall

und Milderungsgrund gilt?

ODI

Odin

13.6.2025, 11:43:38

So würde ich es auch verstehen. Es ist insofern evtl besser sich zu merken, dass es eben nicht "dasselbe"

Doppelverwertungsverbot

ist, sondern nur ein weiteres

Doppelverwertungsverbot

, damit man den Bezug zu §

50 StGB

nicht weiter herstellt. Es spielt zwar in beiden Fällen eine Rolle bei der Bestimmung des Strafrahmens, aber letztlich prüft man ja idR doch zuerst msF/bsF, wobei man evtl auch den vertypten Milderungsgrund verbraucht, und erst danach die vertypten Milderungsgründe. Da können dann §§ 27,

28 StGB

nicht kummulativ herangezogen werden, weil insofern nur eine Milderung gerechtfertigt ist. Ich gehe auch davon aus, aber lasse mich gerne korrigieren, wenn jemand dazu was anderes weiß, dass wenn man bspw. §

27 StGB

heranzieht, im den msF, bspw § 249 II StGB, zu begründen, man wegen §

50 StGB

§

27 StGB

NICHT NOCHMAL heranziehen kann, um vertypt zu mildern. Wenn man die Konkurrenz von §§ 27,

28 StGB

dann weiterdenkt, dürfte man, da insofern §

27 StGB

verbraucht ist, ggfs auch §

28 StGB

nicht anwenden - dessen

Tatsachen

grundlage wäre dann wohl wegen §

50 StGB

iVm dem

Doppelverwertungsverbot

bezüglich der

Tatsachen

hrundlage verbraucht. Das ist aber meinerseits jetzt nur eine Vermutung - im Kommentar hab ich es nicht geprüft, weil ich gerade keinen zur Hand habe.


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