Bestehen eigener gleichartiger Geldansprüche I

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Mandantin M erscheint bei Anwältin A. Er trägt vor, dass ihn K auf Zahlung von €10.000 aus vorsätzlich unerlaubter Handlung verklagt. Weiter trägt M vor, dass er seinerseits einen fälligen vertraglichen Zahlungsanspruch gegen K i.H.v. €10.000 hat.

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Einordnung des Falls

Bestehen eigener gleichartiger Geldansprüche I

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A wird M raten, aufgrund seines bestehenden Gegenanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen (§ 273 BGB).

Nein!

Wenn sich gleichartige Geldansprüche gegenüberstehen, ist die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts grundsätzlich nicht zulässig. Denn insoweit sind die Regelungen der Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) vorrangig.
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2. A wird M also raten, mit ihrem Gegenanspruch gegen die klägerische Zahlungsforderung aufzurechnen, §§ 387 ff. BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Wenn sich zwei gleichartige Geldansprüche gegenüberstehen, ist die Aufrechnung gem. §§ 387 ff. BGB grundsätzlich möglich. Diese erfordert: (1) Aufrechnungserklärung § 388 BGB, (2) Aufrechnungslage, § 387 BGB, (3) Kein Aufrechnungsverbot, §§ 390 ff. BGB. Zwar liegt eine Aufrechnungslage vor, insbesondere sind die Ansprüche gleichartig und Ms Anspruch auch fällig. Da die klägerische Hauptforderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammt, besteht hiergegen allerdings ein Aufrechnungsverbot (§ 393 BGB). Folglich ist eine Aufrechnung unzulässig und damit nicht zweckmäßig.

3. Kann M die Gegenforderung im Wege der Widerklage geltend machen (§ 33 ZPO)?

Ja, in der Tat!

Wenn die Ansprüche gleichartig sind, die Aufrechnung jedoch ausgeschlossen ist (z.B. weil sie präkludiert ist (§ 296 Abs. 1 ZPO) oder ein vertragliches bzw. gesetzliches Aufrechnungsverbot besteht), kann der eigene Gegenanspruch des Mandanten gegen den Kläger nur im Wege der Widerklage (§ 33 ZPO) in den Prozess eingeführt werden. Es ist dann sauber zu prüfen, ob die Widerklage auch zulässig ist. Die Einführung über die Widerklage hat den Vorteil, dass nur ein Prozess geführt werden muss. Dies ist schneller und aufgrund der Gebührendegression auch günstiger, als eine separate Klage.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

namnam

namnam

21.7.2024, 16:43:09

Inwiefern ist der nach 33 ZPO erforderliche Zusammenhang zwischen der unerlaubten Handlung und dem Anspruch des M gegeben?

HAMD

Hamdi

25.7.2024, 11:47:56

Das habe ich mich auch gefragt.

LO

Lorenz

29.9.2024, 12:09:37

Ich denke nicht, aber das ist das übliche Muster bei JuraFuchs, erst einmal abstrakt die Möglichkeiten aufzuzeigen (immerhin sind Kläger und Beklagter gleich) und später dann einzelne Vss. abzulehnen.

Nocebo

Nocebo

12.11.2024, 15:20:42

Jurafuchs behauptet, die Aufrechnung sei hier ggn.

§ 273

BGB vorrangig. Das stimmt nicht, denn

§ 393 BGB

schließt die Aufrechnung ja gerade aus, sodass denklogisch auch kein Vorrang bestehen kann. Allerdings ist das Ergebnis doch wieder richtig: Denn nach allgemeiner Meinung sperrt

§ 393 BGB

aufgrund seines Zwecks auch

Zurückbehaltungsrecht

e. Trotzdem ist die Begründung falsch und sollte angepasst werden. "Das Aufrechnungsverbot ist zwingender Natur (allgM); es kann auch nicht durch Ausweichen auf ein

Zurückbehaltungsrecht

umgangen werden (BAG NJW 1968, 565 (566); OLG Koblenz BeckRS 2010, 560; OLG Naumburg BeckRS 2015, 19812 Rn. 37; MüKoBGB/Schlüter Rn. 1)." (BeckOK BGB/Dennhardt, 71. Ed. 1.8.2024, BGB § 393 Rn. 2, beck-online)


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