Grenzen der Vertretung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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inkl. MoPeG

Die Fuchscar-OHG besteht aus den Gesellschafterinnen S1 und S2. S1 verkauft dem D das Fuchsmobil 911 statt für marktübliche €50.000 für nur €25.000. Im Gegenzug lässt sie sich von D „privat“ €5.000 zahlen.

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Einordnung des Falls

Grenzen der Vertretung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich konnte S1 das Auto ohne Mitwirkung der S2 an D verkaufen.

Genau, so ist das!

Anders als bei der GbR (§ 720 Abs. 1 BGB) gilt in der OHG grundsätzlich die Einzelvertretung (§ 124 Abs. 1 HGB), die nicht an die Geschäftsführungsbefugnis (§ 116 HGB) gekoppelt ist. Für die Vertretung der OHG gelten dann die allgemeinen Grundsätze der §§ 164ff. BGB, sodass der handelnde Gesellschafter im Namen der OHG und im Rahmen seiner Vertretungsmacht handeln muss (§ 164 Abs. 1, 2 BGB). S1 verfügt als OHG-Gesellschafterin über Einzelvertretungsmacht (§ 124 Abs. 1 HGB), deren Umfang unbeschränkt ist (§ 126 Abs. 1 HGB), sodass sie auch ohne Mitwirkung der S2 das Auto an D verkaufen konnte. MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 125 Abs. 1 HGB a.F. = § 124 Abs. 1 HGB n.F.; § 126 HGB a.F. = § 124 Abs. 4 HGB n.F.
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2. Weil S1 Vertretungsmacht hatte, hat sie wirksam das Auto an D verkauft.

Nein, das trifft nicht zu!

Grund für die unbeschränkte Vertretungsmacht der OHG-Gesellschafter (§ 124 Abs. 4 HGB) ist der Verkehrsschutz; Dritte sollen bei der professionellen OHG nicht ständig Nachprüfungen anstellen müssen. Der Zweck – Verkehrsschutz – begrenzt aber auch die Reichweite des § 124 Abs. 4 HGB: Handelt der Dritte gezielt mit dem Gesellschafter zusammen, der seine Pflichten gegenüber der OHG bewusst verletzt, so ist ein Vertrag, der unter diesen Umständen zustandekommt, sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB, Kollusion). Das gleiche gilt auch dann, wenn der Dritte das pflichtwidrige Handeln des Gesellschafters positiv kennt oder wenn er einen nach Lage der Dinge evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht nicht erkennt. Ob der Vertreter selbst sich bewusst ist, die Grenzen seiner Vertretungsmacht zu überschreiten, spielt dabei keine Rolle. D wusste, dass S1 ihre Vertretungsmacht missbraucht, indem sie das Auto unter Wert verkauft und sich eine Kick-Back-Zahlung gewähren ließ. Der Kaufvertrag ist daher sittenwidrig und nichtig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Rechthaber

Rechthaber

29.7.2024, 12:14:19

Wäre hier 299 I einschlägig und wäre hier 134 BGB Ivm 299 StGB lex specialis zu 138 StGB

Dua

Dua

31.8.2024, 16:39:12

Die Antwort interessiert mich auch, wobei ich statt an 299 I eher an 266 StGB dachte

Burumar🐸

Burumar🐸

16.8.2024, 14:02:22

Einmal noch

126 Hgb

genannt


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