Vorteilssicherungsabsicht 2

3. Juli 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

L hat O einen wertvollen Sessel gestohlen. W will O helfen, den Sessel wiederzuerlangen. Sie bietet dem Dieb in einer öffentlichen Anzeige €20.000, wenn er den Sessel zurückgibt. L lässt sich auf den Deal ein, bringt den Sessel zurück und erhält das Geld.

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Einordnung des Falls

Vorteilssicherungsabsicht 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat W dem L zur Vorteilssicherung Hilfe geleistet, als sie den Deal mit ihm einfädelte?

Ja!

Hilfeleisten meint jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten des Verletzten entzogen werden.L hat zwar den Sessel wieder hergegeben. Er hat dafür aber €20.000 erhalten. L hat den Sessel damit wirtschaftlich verwertet. Zu dieser Verwertung hat W durch das Einfädeln des Deals Hilfe geleistet. Dass der Sessel dadurch an den Eigentümer zurückgelangt ist, steht dem Hilfeleisten nicht entgegen: es muss zunächst Geld aufgewendet werden, damit O die Sache zurückbekommt. Das entspricht nicht lediglich der Herstellung des gesetzmäßigen Zustands.Eine Mindermeinung sieht in der Hilfe zur wirtschaftlichen Verwertung kein Hilfeleisten im Sinne des § 257 Abs. 1 StGB. Eine solche Handlung sei nicht geeignet, den Vorteil beim Täter zu erhalten.
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2. Handelte W mit Vorteilssicherungsabsicht?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Täter handelt mit Vorteilssicherungsabsicht, wenn es ihm darauf ankommt, im Interesse des Vortäters die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu verhindern oder zu erschweren.W wollte L dabei helfen, den Sessel wiederzubeschaffen. Sie stand damit auf Seiten des Geschädigten. W bezweckte durch ihr Verhalten nicht die Besserstellung des Täters. Diese trat zwar durch den Erhalt der 20.000 € ein, stellt aber nur eine unvermeidliche Nebenfolge der Wiederbeschaffung der Beute dar.Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn W als „neutrale“ Vermittlerin den Deal zwischen L und O aushandeln würde. Dann wäre sie gleichermaßen für beide Seiten tätig und damit auch zugunsten des L. Die Vorteilssicherungsabsicht wäre dann zu bejahen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

jomolino

24.9.2024, 18:51:11

Ich stehe gerade glaube ich ein wenig auf dem Schlauch, aber inwiefern unterscheidet sich die wirtschaftliche Verwertung hier von dem Ersatzvorteil, der nach HM nicht mehr von § 257 erfasst wird ?

TI

Tinki

18.11.2024, 18:03:30

@[jomolino ](137090)den Ersatzvorteil sprichst du unter Vorteil an und fliegst raus, weil es zu weitgehend wäre, mit der

Begünstigung

auch zu sanktionieren, wenn geholfen wird, diese Ersatzvorteile zu sichern. Hat man aber wie hier einen tauglichen Vorteil, soll es nach meinem Verständnis beim

Hilfeleisten

nur darauf ankommen, ob dabei geholfen wird, zu verhindern, dass es zu einer Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes kommt bzw. anders gewendet, den Vorteil zu sichern. Und das ist auch bei der wirtschaftlichen Verwertung der Fall.

AME

Amelie7

28.3.2025, 12:35:29

Ich verstehe das leider auch nicht ganz @[jomolino ](137090) :/

LI

Lindasey

18.4.2025, 17:20:31

Ich verstehe @[Tinki](200906) Erklärung so, dass es bei "Ersatzvorteil" darum geht, ob die Sache noch beim Täter vorhanden ist und er so unmittelbar besser gestellt werden kann. Hier ist die Sache noch beim Täter vorhanden und deswegen liegt kein "Ersatzvorteil" vor. Durch die wirtschaftliche Verwertung wird dann hier das Unrecht, also der Besitzentzug, vertieft.

OKA

okalinkk

23.4.2025, 14:48:30

@[jomolino ](137090) verstehe ich leider auch nicht so ganz

OKA

okalinkk

14.5.2025, 17:23:56

Was ist denn der Unterschied zwischen einem Ersatzvorteil und fehlender SAchidentität? Letztere ist ja für 257 nicht nötig

OKA

okalinkk

14.5.2025, 17:27:40

@[Lindasey](292087) also weil der Sessel als Vorteil hier noch unmittelbar vorhanden ist, liegt kein Ersatzvorteil vor? Das Verwerten des Sessels ist dann der unmittelbare Vorteil?

LI

Lindasey

28.5.2025, 20:02:39

genau :) Die Sache muss unmittelbar aus der

Vortat

stammen und noch beim Täter vorhanden sein. Das geschützte Rechtsgut von §

257 StGB

ist, dass Individualinteresse des Deliktsopfers an Wiederherstellung der straf

rechtswidrig

entzogenen Rechtsposition (sowie die Rechtspflege). Hier erlangt O zwar den Sessel wieder, aber es kommt zu keiner Wiederherstellung, weil durch die wirtschaftliche Verwertung das Unrecht vertieft wurde.

OKA

okalinkk

23.4.2025, 14:47:58

was ist hier denn genau der Vorteil? ist das der Sessel oder der Erlös von 20 000 Euro? der Erlös wäre doch lediglich ein Ersatzvorteil. Ich schätze mal, dass daher lediglich das wirtschaftliche Verwerten des Sessels der Vorteil ist und der Deal mit der Verwertung stellt dann das

Hilfeleisten

dar, da zwar der Eigentümer den Sessel (Vorteil) zurückbekommt, dies aber nur gegen Zahlung der 20 000 Euro, sodass letztlich der gesetzmäßige Zustand nicht wiederhergestellt wird?

LELEE

Leo Lee

14.5.2025, 16:44:02

Hallo okalinkk, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man sich hier diese Frage stellen. Beachte aber, dass anders als 259 der 257 kein Delikt ist, bei dem eine Sachidentität möglich ist. D.h. der unm. Vorteil ist wirtschaftlich zu betrachten, weshalb hier die 20k, die aus der Verwertung stammen, ebenfalls erfasst werden unter § 257. Führe immer die verschiedenen Zwecke bzw. den Unterschied zw. 259 und 257 vor Augen; 257 ist anders als 259 kein reines Perpetuierungsdelikt. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Cramer § 259 Rn. 10 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

OKA

okalinkk

14.5.2025, 16:49:46

Vielen Dank! Ich schätze mal, dass ich die Begriffe “unmittelbarer” Vorteil und Sachidentität fälschlicherweise gleichsetze. Wie unterscheidet sich die Unmittelbarkeit von der Sachidentität? @[Leo Lee](213375)


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