Strafrecht

BT 7: Nachtatdelikte u.a.

Begünstigung (§ 257 StGB)

Strafausschließungsgrund in § 257 III StGB

Strafausschließungsgrund in § 257 III StGB

4. Juli 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Im Jahr 2017 hat B dem T geholfen, Es Auto zu stehlen. Im Februar 2024 kommt E dem T langsam auf die Schliche. Damit E das Auto nicht entdeckt, versteckt B es nun bei sich in der Scheune.

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Einordnung des Falls

Strafausschließungsgrund in § 257 III StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann B im Februar 2024 noch strafrechtlich dafür verfolgt werden, dass er zum Diebstahl an Es Auto Hilfe geleistet hat, §§ 242 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB?

Nein, das trifft nicht zu!

Der (einfache) Diebstahl ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht, § 242 Abs. 1 StGB. Die Verjährung des Diebstahls tritt deswegen nach fünf Jahren ein (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die Vortat ist 2024 damit bereits verjährt. Die Verjährung der Beihilfestrafbarkeit richtet sich nach der Verjährung der Haupttat. Selbst wenn B die Hilfe am Diebstahl jetzt nachgewiesen werden könnte, wäre eine strafrechtliche Verfolgung nicht mehr möglich.
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2. Da Ts Tat bereits verjährt ist, stellt sie keine taugliche Vortat für die Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) mehr dar.

Nein!

§ 257 Abs. 1 StGB verlangt lediglich die rechtswidrige Tat eines anderen. Diese liegt in Ts Diebstahl. Dass die Tat verjährt ist, spielt für das Vorliegen einer tauglichen Vortat zunächst keine Rolle.

3. Hat B dem T im Sinne des § 257 Abs. 1 StGB Hilfe zur Vorteilssicherung geleistet, als er das gestohlene Auto in seiner Scheune versteckte?

Genau, so ist das!

Hilfeleisten meint jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten des Verletzten entzogen werden.E ist T langsam auf die Schliche gekommen. Er hat gegen T einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Dieser ist auch nicht verjährt (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BGB). B hat das Auto versteckt, damit E es nicht finden und T dadurch entziehen könnte. Er hat T zur Vorteilssicherung Hilfe geleistet.

4. Sofern ein Strafausschließungsgrund vorliegt, bleibt B dennoch straffrei (§ 257 Abs. 3 StGB).

Ja, in der Tat!

§ 257 Abs. 3 StGB stellt einen persönlichen Strafausschließungsgrund dar und entspringt dem Gedanken der mitbestraften Nachtat. Demnach ist nicht nach § 257 StGB strafbar, wer bereits wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. B war Gehilfe der Vortat (Ts Diebstahl). Er könnte demnach gem. § 257 Abs. 3 StGB straffrei sein.

5. Die Strafbarkeit wegen Bs Beihilfe zum Diebstahl ist bereits verjährt. Greift zugunsten des B nach Auffassung des BGH dennoch der Strafausschließungsgrund aus § 257 Abs. 3 StGB?

Nein!

Nach einer Ansicht, die auch vom BGH vertreten wird, ist § 257 Abs. 3 StGB wegen der Verjährung der Beteiligung am Diebstahl nicht (mehr) anwendbar. Dies folge daraus, dass § 257 Abs. 3 StGB dem Gedanken der mitbestraften Nachtat entstamme. Der Unrechtsgehalt der Nachtat werde dadurch abgegolten, dass die Beteiligung an der Haupttat bestraft werde. Ist diese verjährt oder aus anderen Gründen straffrei, lebe das Strafbedürfnis für die Nachtat wieder auf. B wäre demnach nach § 257 Abs. 1 StGB strafbar. Eine a.A. sieht auch in diesen Fällen eine Straffreiheit nach § 257 Abs. 3 StGB. Denn die Verjährung lasse die Konsumtion des nachfolgenden Begünstigungsunrechts unberührt. Wenn Du dieses Problem in der Klausur erkennst, ist das schon super! Mit entsprechender Argumentation kannst Du hier beides vertreten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

WY

Wysiati

11.6.2025, 10:54:29

Es dürfte § 78 III Nr. 5 StGB einschlägig sein, die Tat verjährt bereits nach drei Jahren.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

14.6.2025, 12:40:46

Hallo @[Wysiati](262458), warum sollte das Deiner Meinung nach so sein? Der Regelstrafrahmen des § 242 I StGB sieht im Höchstmaß (!) eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren vor, damit landen wir bei § 78 III Nr 4 StGB. Dass B hier "nur" Hilfe leistet, ändert daran nach § 27 II 1 StGB zunächst nichts. Falls Du evtl noch an die obligatorische Milderung für das

Hilfeleisten

des B nach §§ 27 II 2 StGB iVm 49 I StGB denkst: Die bleibt nach § 78 IV StGB außer Betracht (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger/Saliger, StGB, 6. Aufl 2023, § 78 Rn 12). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

WY

Wysiati

14.6.2025, 20:11:54

§

242 StGB

: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 78 III Nr. 4 StGB: fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind. § 78 III Nr. 5 StGB: drei Jahre bei den übrigen Taten. Nachdem der Diebstahl nur mit einer Strafe bis zu fünf Jahren bewährt ist, nicht aber einer Strafe von mindestens einem Jahr bis zu fünf Jahren (also erhöhtem Mindeststrafmaß) hätte ich die Nr. 5 angewandt. Das basiert aber nicht auf einer Aussage eines Professors oder näherer Fachkenntnis, sondern meiner Interpretation der Vorschriften. Verstehe ich da etwas falsch? Warum steht in Nr. 4 denn "mehr als ein(...) Jahr"?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

14.6.2025, 20:32:07

Hallo @[Wysiati](262458), das verstehst Du in der Tat falsch, deswegen gut, dass Du nochmal nachfragst. Nach § 78 III StGB kommt es nicht auf den gesamten Strafrahmen des Delikts an, sondern allein auf das obere Ende, auf das Höchstmaß. Deswegen habe ich dir in meiner ersten Antwort auch nochmal das Ausrufezeichen hinter den Begriff "Höchstmaß" gesetzt, weil ich geahnt habe, dass das evtl das Missverständnis sein könnte. Wenn diese Höchststrafe eines Delikts über 1 Jahr und höchstens 5 Jahre beträgt, richtet sich die Verjährung nach Nr 4. NICHT gemeint ist, dass der gesamte Strafrahmen zwischen 1 Jahr und 5 Jahren liegen muss. Nr 4 erfasst also (fiktive Beispiele) Delikte mit Höchststrafe 2 Jahre, 3 Jahre und 5 Jahre gleichermaßen, aber zB nicht solche mit einer Höchststrafe von 6 Monaten oder nur Geldstrafe (das wären "übrige Taten" nach Nr 5). Eine Auflistung mit konkreten Beispielen, welche Delikte des StGB unter welche Nummer fallen, findest Du bei MüKoStGB/Mitsch, 4. Aufl 2020, § 78 Rn 16. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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