Öffentliches Recht
Polizei- und Ordnungsrecht
Polizeiliche Standardmaßnahmen
Problemfall: Verbringungsgewahrsam
Problemfall: Verbringungsgewahrsam
20. Mai 2025
5 Kommentare
4,4 ★ (6.597 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Vor dem Lokalderby zweier verfeindeter Fußballvereine sichtet die Polizei mehrere polizeibekannte Ultras des gegnerischen Teams. Die Polizei erteilt den Ultras einen Platzverweis für das Stadiongelände und bringt sie mit mehreren Polizeiautos zurück zum Bahnhof.
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Einordnung des Falls
Problemfall: Verbringungsgewahrsam
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der sog. Verbringungsgewahrsam liegt vor, wenn die Polizei eine Person von einer Örtlichkeit zu einer anderen bringt, um die Person von der ersteren Örtlichkeit fernzuhalten. Ist der Platzverweis die richtige Rechtsgrundlage für das Verbringen der Ultras zum Bahnhof?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Rechtsgrundlage für das Verbringen der Ultras zum Bahnhof ist der Durchsetzungsgewahrsam (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 PAG TH, § 204 Abs. 1 Nr. 4 LVwG, § 37 Abs. 1 Nr. 3 SOG LSA).
Nein, das trifft nicht zu!
3. Rechtsgrundlage für das Verbringen der Ultras zum Bahnhof ist die polizeiliche Generalklausel (§ 17 Abs. 1 ASOG, § 10 BbgPolG, § 10 Abs. 1 BremPolG).
Nein!
4. Rechtsgrundlage für das Verbringen der Ultras zum Bahnhof ist der unmittelbare Zwang nach den allgemeinen Vollstreckungsregeln (§§ 64ff. NPOG, §§ 53ff. BbgPolG, §§ 79ff. SOG MV).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Ius Nix Verstaeum
1.12.2024, 20:27:10
Wenn ich dieses Kapitel richtig verstehe, scheidet Gewahrsam bei einer polizeilichen Verbringung vom Ort des
Platzverweises als EGL aus, da dies eine längerfristige Freiheitsentziehung beinhalten bzw. bezwecken muss. Wenn doch aber der Landesgesetzgeber ausdrücklich vom Anwendungsfall des Gewahrsams "zur Durchsetzung der
Platzverweisung" spricht, welchen Fall hatte er dann vor Augen? Einen, bei dem das Verbringen in eine Zelle oder das längerfristige Ingewahrsamhalten zur Durchsetzung der
Platzverweisung unerlässlich ist, weil Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene gedenkt, sich gleich wieder zum Ort des
Platzverweises zu begeben? Nun ist der
Platzverweisdoch qua Gesetz "vorübergehender" Natur. Wäre die Einbehaltung der betroffenen Person für die Zeit des
Platzverweises dennoch "langfristig genug" für den Gewahrsam? Ich weiß, ich drehe mich hier ein wenig im Kreis, aber werde das Gefühl nicht los, dass bei der hier vertretenen Ansicht der Wille des Gesetzgebers, welcher explizit und ausschließlich (zumindest in Nds in 18 I Nr. 3 NPOG) vom
Platzverweis- und nicht etwa vom Aufenthaltsverbot - als Grund des Gewahrsams spricht, ein wenig zu kurz kommt. Könntet ihr hierzu bitte erläutern? Vielen Dank! :)