Schmäkritik (Strauß-Karikatur)

6. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

In einem Satiremagazin veröffentlicht K eine Karikatur des Kanzlerkandidaten S der C-Partei. Diese stellt S ehrverletzend als sich sexuell betätigendes Schwein dar. K wird daraufhin wegen Beleidigung verurteilt. Das Gericht wägt dabei nicht mit der Kunstfreiheit ab. ‌

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Einordnung des Falls

Schmäkritik (Strauß-Karikatur)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Als vorbehaltslos gewährtes Grundrecht kann die Kunstfreiheit nicht eingeschränkt werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Grundrechte des GG gelten - mit Ausnahme der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) - nicht absolut, sondern können im Einzelfall eingeschränkt werden. Grundrechte mit einfachem oder qualifizierten Gesetzesvorbehalt können unter dessen jeweiligen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Vorbehaltlos gewährte Grundrechte - wie die Kunstfreiheit - unterliegen (nur) den verfassungsimmanenten Schranken kollidierenden Verfassungsrechts. Sie sind mit kollidierenden Verfassungsgütern - also mit Grundrechten Dritter sowie sonstigen Verfassungswerten - in möglichst schonenden Ausgleich zu bringen (praktische Konkordanz).  ‌
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2. Hier ist S‘ allgemeines Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG). Überwiegt dieses generell gegenüber der Kunstfreiheit?

Nein, das trifft nicht zu!

Kollidiert die Kunstfreiheit mit einem anderen Verfassungsgut, ist grundsätzlich eine Abwägung durchzuführen. Ausschlaggebend ist hierbei die Intensität der Beeinträchtigung. Kein Grundrecht (außer der Menschenwürde) überwiegt dabei pauschal gegenüber dem anderen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht genießt also keinen generellen Vorrang gegenüber der Kunstfreiheit. Grundsätzlich ist also auch bei der Berührung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Abwägung mit der Kunstfreiheit durchzuführen.

3. Ist neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch die Menschenwürde selbst berührt (Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG), scheidet eine Abwägung mit der Kunstfreiheit aus.

Ja!

Kollidiert die Kunstfreiheit mit einem anderen Verfassungsgut, ist grundsätzlich eine Abwägung durchzuführen. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die Menschenwürde berührt ist. Diese ist unantastbar, gilt also absolut. Nach dem BVerfG berührt die Karikatur den Kern menschlicher Ehre. Es liegt eine so schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vor, dass die Menschenwürde berührt ist. Dies kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die Verletzung im Rahmen der Kunstfreiheit geschah. Eine Abwägung ist nicht möglich. Die Verurteilung wegen Beleidigung ist daher verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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