Prozessrecht & Klausurtypen

Die ZVR-Klausur

Besondere Voraussetzungen der Sachpfändung

Erwerbstätigkeit, Aus- und Fortbildung (§ 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO)

Erwerbstätigkeit, Aus- und Fortbildung (§ 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO)

7. Juni 2025

5,0(10 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

R macht eine Ausbildung zum Justizfachangestellten. Daneben holt er in der Abendschule sein Abitur nach. Um sein Gehalt aufzubessern, jobbt er zusätzlich noch in einem Callcenter. Ein Gerichtsvollzieher will seinen Laptop, seine Ausbildungs- und Schulbücher und sein Auto pfänden. ‌

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Erwerbstätigkeit, Aus- und Fortbildung (§ 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. R benutzt seinen Laptop für seinen Job im Callcenter (Homeoffice). Fällt der Laptop unter das Pfändungsverbot des § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO?

Ja!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO sind Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung benötigt, nicht pfändbar. R benutzt den Laptop für seine Arbeit im Callcenter und damit für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Daher fällt der Laptop unter das Pfändungsverbot des § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO. In der hier genannten Originalentscheidung (BGH, Beschl. v. 28.10.2010 – VII ZB 16/09) ging es nur um die Pfändung eines Pkws.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Rs Ausbildungsbücher haben nichts mit dem Job im Callcenter zu tun. Sind sie pfändbar (§ 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO sind Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung benötigt, nicht pfändbar. Die Ausbildungsbücher benötigt R für seine Ausbildung zum Justizfachangestellten. Es handelt sich dabei um eine berufliche Ausbildung bzw. eine Ausbildung, die im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit steht. Daher sind die Ausbildungsbücher unpfändbar nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO.

3. Ob auch Gegenstände, die der schulischen Ausbildung dienen, unter § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO fallen, ist umstritten.

Ja, in der Tat!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO sind Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung benötigt, nicht pfändbar. Ob hierzu auch Lernmittel für die schulische Ausbildung gehören, ist jedoch umstritten. Dafür spricht, dass § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO laut der Gesetzesbegründung weit auszulegen ist. In der Klausur lässt sich also beides vertreten. Auf die Argumentation kommt es an! Die Kommentierung hierzu (Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 45.A. 2024, § 811, RdNr. 9) ist etwas oberflächlich. Es geht daraus nämlich nicht hervor, dass umstritten ist, ob Gegenstände für die schulische Ausbildung unter § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO fallen.

4. R nutzt das Auto, um zu seiner Ausbildungsstelle zu fahren. Könnte grundsätzlich auch Rs Auto vom Pfändungsverbot des § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO umfasst sein?

Ja!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO sind Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung benötigt, nicht pfändbar. Ein Auto ist als ein solches Arbeits- bzw. Ausbildungsmittel anzusehen, wenn es für die Arbeit/Ausbildung selbst (z.B. Taxifahrer) oder für die Fahrt dorthin erforderlich ist (siehe auch BGH, Beschl. v. 28.01.2010 – VII ZB 16/09, RdNr. 16). Dass auch ein Auto unter das Pfändungsverbot des § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO fallen kann, solltest Du im Hinterkopf behalten. Denn dies geht nicht explizit aus der Kommentierung bei Thomas/Putzo hervor (Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 45.A. 2024, § 811, RdNr. 9).

5. R ist immer mit dem Auto zu seiner Ausbildungsstelle gefahren, obwohl es auch eine gute Busverbindung gibt. Fällt sein Auto trotzdem unter § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO sind Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung benötigt, nicht pfändbar. Ein Auto ist als ein solches Arbeits- bzw. Ausbildungsmittel anzusehen, wenn es für die Arbeit/Ausbildung selbst (z.B. bei einem Taxifahrer) oder für die Fahrt dorthin erforderlich ist. R fährt zwar immer mit dem Auto zu seiner Ausbildungsstelle, jedoch gibt es auch eine gute Busverbindung dorthin. Das Auto ist daher nicht erforderlich, um zur Ausbildungsstelle zu gelangen und ist daher pfändbar.
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!