Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Betrug (§ 263 StGB)

Spätere Erstattung durch Dritte (zB Versicherung)

Spätere Erstattung durch Dritte (zB Versicherung)

15. Januar 2025

4,5(4.734 mal geöffnet in Jurafuchs)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

H schickt O eine Mail, in der er sich als Mitarbeiter von Os Bank ausgibt. Darin behauptet er, O habe offene Gebühren in Höhe von € 170, die er bezahlen müsse. O überweist das Geld und bemerkt die Täuschung zu spät. Seine Versicherung erstattet ihm die € 170.

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Einordnung des Falls

Spätere Erstattung durch Dritte (zB Versicherung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H hat O getäuscht, indem er behauptete, ein Mitarbeiter von O’s Bank zu sein und offene Gebühren zu erheben und O ist täuschungsbedingt einem Irrtum unterlegen (§ 263 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums. Irrtum ist das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Realität.H behauptete wahrheitswidrig, er arbeite für Os Bank und O habe dort offene Gebühren. O glaubte H. O hat sich täuschungsbedingt geirrt.
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2. Hat O über sein Vermögen verfügt?

Ja, in der Tat!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.O hat H € 170 überwiesen und damit sein Vermögen unmittelbar gemindert.

3. Der Ausgleich der € 170 durch Os Versicherung stellt eine Schadenskompensation dar, die den Vermögensschaden entfallen lässt.

Nein!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird. Grundsätzlich liegt eine Schädigung nur dann vor, wenn der Getäuschte für seine Leistungsverpflichtung kein wertmäßig gleichwertiges Äquivalent erhält.O hat die € 170 von seiner Versicherung ersetzt bekommen. Dieser Ausgleich stellt aber eine andere, rechtlich selbstständige Handlung dar, die nicht unmittelbar aus der Vermögensverfügung resultiert. Derartige Vermögensausgleiche durch Dritte bleiben deswegen bei der Gesamtsaldierung unberücksichtigt. Bei O ist ein Vermögensschaden eingetreten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KO

Konrad1522

20.12.2023, 15:33:59

Bei dieser Aufgabe fehlt die Frage (und Antwort), ob ein Vermögensschaden vorliegt oder ob dieser durch die Versicherungszahlung entfällt. Das Vorliegen einer

Vermögensverschiebung

ist hier ziemlich eindeutig und ich glaube nicht dass die Aufgabe hauptsächlich hierauf abzielt (wäre dann auch unpassend zugeordnet) LG

MK-

MK-

8.1.2024, 15:28:01

Das hat mich auch gewundert...

ahimes

ahimes

28.1.2024, 17:57:20

Die Thematik ob ein Vermögensschaden vorliegt bitte noch ergänzen.... Ich hätte (-) gesagt, da durch Versicherungsauszahlung kompensiert. I.E Vermögen nicht gemindert

BEN

benjaminmeister

6.2.2024, 14:25:45

Update hierzu?

Cosmonaut

Cosmonaut

11.2.2024, 20:55:41

@[Konrad1522](153272) @[MK-](112018) @[ahimes](191697) @[benjaminmeister](216712) Moin Leute, Ich hatte dasselbe Störgefühl und aufgrund übermäßiger Langeweile mal den Kommentar bemüht. Folgendes Ergebnis lieferte die beck-Recherche, u.a. im MüKo Rn. 731 ff., Rn. 533 ff., aktuelle Auflage: Bei der Berechnung des Vermögensschadens fordert MüKo ein zweischrittiges Vorgehen: 1) Ermittlung des Wertes, den vereinbarte Leistung und Gegenleistung haben. 2) Folgeüberlegung nach einer möglichen Kompensation (!) zu 2) heißt es dann, dass derartige Rechte für den Getäuschten problemlos realisierbar sein müssen. Denn nur so wird sich das festgestellte Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung nicht auswirken. Es ist dabei stets in Übereinstimmung mit dem hier vertretenen Vermögensbegriff (jur.-ökon.) nach deren aktueller Werthaftigkeit im Sinne einer Herrschaftsposition zu fragen. Nach der Lektüre der Rn. 783 ff., die die Werthaftigkeit eines Anspruchs eines Zahlungsdienstenutzers gegen seine Bank thematisieren, eine Kompensation in Gestalt der obigen „2)“ aber infolge der Beweislast ablehnen, ist mE hinsichtlich eines bereits ausgezahlten und realisierten Ausgleichsanspruchs iRe Versicherungspolice, der auch nicht mehr von der Versicherung zurückgefordert werden kann, eine ausreichende Kompensation gegeben und somit ein Vermögensschaden im Falle der Kompensation durch die Versicherung mE zu verneinen. Dieses Ergebnis deckt sich zudem mit BGH NStZ 1999, 353 - hier der Leitsatz: „Bei einer Forderung des Verfügenden - insbesondere auf Rückzahlung - fehlt es an einem Vermögensschaden, soweit der Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die seinAusfallrisiko abdecken und die er ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des Schuldners und ohne Gefährdung durch ihn sofort nach

Fälligkeit

realisieren kann, wobei hinsichtlich der Bonität der Sicherheiten auf den Zeitpunkt der

Vermögensverfügung

abzustellen ist. In denVermögensvergleich muß auch eine Vermögensmehrung beim Verfügenden einbezogen werden, wenn der Vermögenszuwachs unmittelbar durch die Verfügung erfolgt (Gesichtspunkt der Schadenskompensation).“ sowie ganz aktuell: BGH NStZ 2023, 680: "Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn die

Vermögensverfügung

des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der

Vermögensverfügung

, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung.“

Cosmonaut

Cosmonaut

13.2.2024, 09:05:49

noch ergänzend: Einen versuchten Betrug müssten wir dennoch bejahen, §§ 263 I, II, 22; dazu lässt sich vermutlich auch ein Vermögensschaden bejahen mit Verweis auf die Begründung, dass der Schädiger nicht von Schutzmechanismen des Geschädigten profitieren soll.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.4.2024, 15:29:44

Hallo zusammen, entschuldigt bitte. Hier kam es leider zu einer fehlerhaften Anzeige der letzten Antwort. In der Tat wäre hier von einem Vermögensschaden und einem vollendeten Betrug auszugehen. Bei den werthaltigen Sicherheiten, die in BGH NStZ 1999, 353 angesprochen wurden, ging es um Sicherheiten, die der Täuschende selbst geleistet hat. Einen solchen Fall haben wir hier nicht. Wie Cosmonaut am Ende zutreffend festgestellt hat, sind Ansprüche des Opfers aus vertraglichen Versicherungsleistungen bei der Saldierung gerade nicht einzubeziehen (vgl. NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, 6. Aufl. 2023, StGB § 263 Rn. 254). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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