Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Berechtigtes Interesse: Rehablitationsinteresse

Berechtigtes Interesse: Rehablitationsinteresse

9. Juni 2025

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bei einer Presseerklärung der Polizei wettert Polizeipräsidentin P gegen die „störende Arbeit“ der Presse. Dabei stellt P Journalist J in besonders schlechtem Licht dar. J will feststellen lassen, dass die Aussagen der P unzulässig waren.

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Einordnung des Falls

Berechtigtes Interesse: Rehablitationsinteresse

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn J die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt, ist die Verpflichtungsklage statthaft. Ist die Presseerklärung ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG)?

Nein, das trifft nicht zu!

Im Rahmen der statthaften Klageart kommt es maßgeblich darauf an, welche (rechtliche) Qualität die Maßnahme hat, die der Kläger begehrt oder gegen die er sich wehrt. Hier musst Du regelmäßig entscheiden, ob die Merkmale eines Verwaltungsakts vorliegen oder nicht. Halte Dich bei unproblematischen Fällen angemessen kurz! Der Verwaltungsakt ist in § 35 VwVfG definiert. Problematisch ist in vielen Fällen das Merkmal der Regelungswirkung. Eine hoheitliche Maßnahme hat dann Regelungswirkung, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen. Die Presseerklärung erfüllt zwar die meisten Merkmale des Verwaltungsakts, durch sie wird aber keine Rechtsfolge begründet. Es handelt sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen Realakt.
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2. J will die Unzulässigkeit der Aussagen von P feststellen lassen. Ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) die statthafte Klageart?

Nein!

Die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) ist die statthafte Klageart, wenn der Kläger die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts begehrt, der sich bereits erledigt hat. J begehrt zwar die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit eines bereits vergangenen Geschehens. Bei der Presseerklärung handelt sich aber nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen Realakt. Somit ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) nicht einschlägig. Vielmehr ist die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 VwGO) statthaft.

3. Damit die Klage des J zulässig ist, muss unter anderem das Feststellungsinteresse (§ 43 Abs. 1 VwGO) gegeben sein.

Genau, so ist das!

Das berechtigte Interesse umfasst jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Zudem muss der Kläger ein Interesse an der „baldigen Feststellung“ haben. Das Feststellungsinteresse besteht, wenn im Fall einer unklaren bzw. umstrittenen Rechtslage konkreter Klärungsbedarf besteht. Darüber hinaus sind mehrere Fallgruppen anerkannt. In diesem Kapitel geht es uns vor allem um das Feststellungsinteresse, sodass wir weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht prüfen.

4. Ein „berechtigtes Interesse“ kann insbesondere dann bestehen, wenn von staatlichem Handeln eine diskriminierende Wirkung ausgeht und der Betroffene in der Öffentlichkeit schlecht dargestellt wird.

Ja, in der Tat!

Eine etablierte Fallgruppe im Rahmen des berechtigten Interesses ist das sog. „Rehabilitationsinteresse“. Es liegt vor, wenn von der staatlichen Maßnahme eine anhaltende diskriminierende Wirkung ausgeht, die das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt. Die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des staatlichen Handels hat dann für den Betroffene eine Art „Genugtuungsfunktion“.Die Fallgruppen dienen der Konkretisierung der Definition des „berechtigen Interesses “. Du solltest im Rahmen der Feststellungsklage zunächst von der allgemeinen Definition ausgehen und die Fallgruppen sodann „zusätzlich“ und nicht „im luftleeren Raum“ nennen. So zeigst Du Systemverständnis. Die Fallgruppen im Rahmen der Feststellungsklage überschneiden sich weitgehend mit denen der Fortsetzungsfeststellungsklage. Wegen der strukturellen Unterschiede solltest Du hier aber streng unterscheiden und auf keinen Fall einfach auf die Fallgruppen der Fortsetzungsfeststellungsklage verweisen.

5. J hat ein Rehabilitationsinteresse.

Ja!

Das Rehabilitationsinteresse besteht, wenn von der staatlichen Maßnahme eine anhaltende diskriminierende Wirkung ausgeht, die das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt. J wurde bei der Presseerklärung von P in besonders schlechtem Licht dargestellt. Da die Presseerklärung öffentlich war, hat die Öffentlichkeit die Aussagen der P mitbekommen. J wurde öffentlich diskriminiert und hat somit ein Rehabilitationsinteresse. Du kannst in der Klausur auch mehrere einschlägige Fallgruppen nennen. Hier wäre auch an die Fallgruppe „sich schnell erledigende Grundrechtseingriffe“ zu denken, da das Persönlichkeitsrecht des J betroffen ist.
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Eine Besprechung von:
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