Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Berechtigtes Interesse: Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses

Berechtigtes Interesse: Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses

25. Juni 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bei einer Demonstration setzt die Polizei Wasserwerfer ein. Demonstrant D wird davon getroffen und schwer verletzt. D will zur Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses vor dem Verwaltungsgericht feststellen lassen, dass das Verhalten der Polizei rechtswidrig war.

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Einordnung des Falls

Berechtigtes Interesse: Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnisse sind grundsätzlich auch feststellungsfähig. Ist damit die Feststellungsklage statthaft (§ 43 Abs. 1 VwGO)?

Ja!

Die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO ist statthaft, wenn der Kläger die Feststellung begehrt, ob ein strittiges Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. § 43 VwGO trifft keine Aussage darüber, zu welchem Zeitpunkt das Rechtsverhältnis bestehen muss. Deswegen sind neben gegenwärtigen Rechtsverhältnissen prinzipiell auch vergangene und zukünftige Rechtsverhältnisse feststellungsfähig. Bei vergangenen Rechtsverhältnissen sind oft Sachverhalte betroffen, in denen sich das staatliche Handeln erledigt hat. Die Abgrenzung zwischen Feststellungsklage und Fortsetzungsfeststellungsklage haben wir in einem früheren Kapitel in diesem Fall für Dich aufbereitet.
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2. Das berechtigte Interesse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO umfasst nur rechtliche, nicht aber wirtschaftliche Interessen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Feststellungsinteresse bei § 43 Abs. 1 VwGO umfasst nicht nur Interessen rechtlicher Art, sondern jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art.

3. D will in einem späteren Prozess einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. Hat D damit grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Polizei rechtswidrig gehandelt hat?

Ja, in der Tat!

Das Feststellungsinteresse bei § 43 Abs. 1 VwGO umfasst nicht nur Interessen rechtlicher Art, sondern jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. D will einen Schadensersatzprozess (Art. 34 GG, § 839 BGB) vor den Zivilgerichten vorbereiten. Er hat ein wirtschaftliches Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des polizeilichen Handelns. Hier besteht ein kleiner, aber wichtiger Unterschied zur Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO): Dort ist Fallgruppe „Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses” auch anerkannt, allerdings besteht das berechtigte Interesse nur, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt. Sonst ist es dem Kläger zumutbar, sich direkt an die Zivilgerichte zu wenden.

4. D hat ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO. Könnte seine Klage dennoch unzulässig sein, wenn die Feststellungsklage hier subsidiär wäre (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO)?

Ja!

In der Prüfung einer Feststellungsklage solltest Du immer kurz an den Subsidiaritätsgrundsatz denken. Der Kläger kann die Feststellung nicht begehren, wenn er sein Ziel durch Leistungs- oder Gestaltungsklage verwirklichen kann (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO). Dieses Erfordernis gilt rechtswegübergreifend. Eine Feststellungsklage ist subsidiär und unzulässig, wenn der Kläger sein Ziel durch eine Leistungs- oder Gestaltungsklage vor dem Zivilgericht erreichen kann. Da D (direkt) vor dem Zivilgericht seinen Schadensersatzanspruch geltend machen kann und im Rahmen dieses Prozesses die Rechtmäßigkeit des polizeilichen Handelns überprüft wird, ist die Feststellungsklage unzulässig. Hier liegt ein Unterschied zur Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO): Dort ist die Subsidiarität keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Allerdings findet der Gedanke, dass der Kläger den „einfachsten“ und „direktesten“ Weg gehen soll, trotzdem Anwendung: Die Fallgruppe der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses ist nur für die Konstellation anerkannt, in der sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt, was im vorliegenden Fall nicht gegeben wäre.
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