Öffentliches Recht

Grundrechte

Freiheit des Eigentums (Art. 14 GG)

Ausnahmefall ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung

Ausnahmefall ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Bundestag beschließt, dass jeder Verlag ein Exemplar von allen herauskommenden Werken an die deutsche Nationalbibliothek abgeben muss. Das Gesetz sieht folgende Ausgleichsregelung vor:
„Auf Antrag ist ein Zuschuss für die Herstellungskosten zu gewähren, wenn die unentgeltliche Ablieferung nicht zugemutet werden kann.“
A verlegt pro Jahr nur zehn besonders wertvolle Bücher

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Einordnung des Falls

Ausnahmefall ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Abgabe eines Pflichtexemplars wird allen Verlegern ein unangemessenes Sonderopfer auferlegt, welches stets einen finanziellen Ausgleich erfordert.

Nein!

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist bei der Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) ein angemessener Ausgleich zwischen Privatnützigkeit und Sozialbindung des Eigentums zu erlangen. Ist ein solcher Ausgleich in Härtefällen nicht möglich, kann als letztes Mittel zur Erlangung eines fairen Ausgleichs und einer zumutbaren Belastung des Eigentümers ein finanzieller Ausgleich gewährt werden. Großen Verleger mit großen Stückzahlen und geringen Produktionskosten ist es bei der Abwägung von Eigentumsfreiheit und Sozialbindung letztlich zumutbar, ein Exemplar unentgeltlich abzugeben. Etwas anderen gilt aber für A, bei dem ein Exemplar bereits 10 % des Gesamtbestandes ausmacht und den eine unentgeltliche Ablieferungspflicht deshalb über das hinzunehmende Maß beeinträchtigen würde.
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2. Infolge der geregelten Ausgleichspflicht ist die Inhalts- und Schrankenbestimmung hier dennoch angemessen.

Genau, so ist das!

Ausgleichsregelungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Sie sind subsidiär zu anderen Instrumenten, wie Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften oder sonstigen Vorkehrungen. Das Pflichtexemplargesetz sieht eine gesetzliche Grundlage für eine Entschädigung vor. Eine Befreiung als vorrangige Ausgleichsregelung wäre zwar möglich, würde aber dem Interesse an einer vollständigen Sammlung nicht gerecht. Insofern kommt nur eine Kompensation in Geld in Betracht. Diese hat der Gesetzgeber hier vorgenommen. Das Gesetz ist somit verhältnismäßig. Solche Regelungen mit der Ausgleichsmöglichkeit in Härtefällen sehen mittlerweile viele Bundesländer vor (vgl. § 1 Abs. 5 Pflichtexemplargesetz BW, § 7 Pflichtexemplargesetz NRW, § 6 Abs. 5 HessBiblG).
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