Fernliegende Auswirkungen

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um die Öko-Balance zu wahren, erlässt Landesregierung L ein Gesetz, dass die moderate Jagd auf Vögel, Kleinnager und Wild erlaubt. Chirurg C unterlaufen aufgrund der Jagd-Schüsse, die er hört, vereinzelt Fehler in seiner Arbeit. Anderen Kollegen passiert das nicht. Er sieht einen Eingriff in seine Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

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Einordnung des Falls

Fernliegende Auswirkungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zur Ermittlung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wird herkömmlich zwischen subjektiv und objektiv berufsregelnder Tendenz unterschieden.

Ja!

Im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG ordnet das BVerfG nicht nur staatliche Maßnahmen als Eingriffe ein, die auf die Regelung von Berufen abzielen (subjektiv berufsregelnde Tendenz). Eingriffsqualität haben auch Maßnahmen, die zwar eine berufsneutrale Zielsetzung verfolgen, sich jedoch mittelbar auf die berufliche Tätigkeit auswirken (objektiv berufsregelnde Tendenz). Teilweise nutzt das BVerfG diese Unterscheidung jedoch gar nicht und stellt zur Ermittlung eines Eingriffs allein darauf ab, ob der Grundrechtsträger in seiner Berufsfreiheit eingeschränkt ist und damit eine Freiheitsverkürzung vorliegt.
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2. Die erweiterte Jagderlaubnis des Landes L enthält eine objektiv berufsregelnde Tendenz für die Berufsgruppe der Chirurgen, wie des C.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine objektiv berufsregelnde Tendenz weisen staatliche Maßnahmen auf, die zwar eine berufsneutrale Zielsetzung verfolgen, sich jedoch mittelbar auf die berufliche Tätigkeit auswirken. Damit nicht jede irgendwie geartete, weit entfernte Folge einer staatlichen Maßnahme einen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt, liegt nur dann eine objektiv berufsregelnde Tendenz vor, wenn die berufliche Tätigkeit durch die Maßnahme „nennenswert behindert“ wird. Die Maßnahme muss also in ihrer Zielsetzung und Wirkung einer zielgerichteten Maßnahme gleichkommen (funktionales Äquivalent). Die Jagderlaubnis des Landes L hat nicht das Ziel, sich in irgendeiner Form auf den Chirurgen-Beruf auszuwirken, sondern die Balance des Ökosystems zu wahren. Auch wird die Ausübung des Chirurgen-Berufs nicht im Allgemeinen nennenswert behindert. Vielmehr scheint es an der individuellen Disposition oder Konzentrationsfähigkeit des C zu liegen, dass sich die Jagd-Erlaubnis auf seinen Beruf auswirkt. Es liegt keine objektiv berufsregelnde Tendenz vor.

3. Auch wenn man nicht auf die berufsregelnde Tendenz abstellt, führt die Jagderlaubnis zu einer Freiheitsverkürzung des C.

Nein, das trifft nicht zu!

Teilweise nutzt das BVerfG die Unterteilung in objektiv und subjektiv berufsregelnde Tendenz gar nicht. Vielmehr stellt es zur Ermittlung eines Eingriffs allein darauf ab, ob der Grundrechtsträger in seiner Berufsfreiheit eingeschränkt ist und damit eine Freiheitsverkürzung vorliegt. Die Jagd-Erlaubnis führt nicht dazu, dass die Tätigkeit des Chirurgen-Berufs nicht oder nicht in der gewünschten Art ausgeführt werden kann. Eine Auswirkung auf den Beruf durch die Regelung ist fernliegend. Dies ist auch daran erkennbar, dass bei anderen Kollegen keine Auswirkungen des geänderten Jagdrechts ersichtlich sind. Auf individuelle Befindlichkeiten wie des C kann nicht abgestellt werden, andernfalls würde der Schutzbereich der Berufsfreiheit ausufern. Die Jagd-Erlaubnis führt nicht zu einer Freiheitsverkürzung des C.
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