+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K verklagt seinen Geschäftspartner B auf Zahlung aus einem Kaufvertrag. Den Vertragstext hat er manipuliert, sodass er € 4000 statt den vereinbarten € 3000 ausweist. Richterin R erkennt die Fälschung nicht und verurteilt B zur Zahlung von € 4000. B hat noch nicht gezahlt.

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Einordnung des Falls

Prozessbetrug

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat R getäuscht, indem er ihr den manipulierten Kaufvertrag vorlegte. R hat sich deswegen geirrt (§ 263 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums. Irrtum ist das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Realität.K hat den Vertragstext geändert und ihn im Prozess vorgelegt. Wegen des manipulierten Textes glaubte R, eine offene Kaufpreisforderung in Höhe von € 4000 bestehe. R hat sich täuschungsbedingt geirrt.Beachte, dass nur über Tatsachen getäuscht werden kann. Werturteile oder Meinungsäußerungen ohne überprüfbaren Tatsachenkern fallen hier raus. Deswegen macht sich nicht wegen Prozessbetrugs strafbar, wer im Zivilprozess bloß eine Rechtsauffassung vertritt. Dies gilt selbst dann, wenn er nicht von ihr überzeugt ist.
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2. Verfügt der Getäuschte nicht über sein eigenes Vermögen, so ist ein Betrug stets ausgeschlossen.

Nein!

Ein Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) ist auch dann möglich, wenn der Getäuschte über das Vermögen eines Dritten verfügt und dieses dadurch von innen schädigt (sogenannter Dreiecksbetrug). Dafür muss das Verhalten des Getäuschten dem geschädigten Dritten zugerechnet werden können. Wann eine solche Zurechnung besteht ist zwischen Anhängern der Befugnis- und der Lagertheorie umstritten.

3. Sowohl nach Befugnis-, als auch nach der Lagertheorie konnte R über Bs Vermögen verfügen.

Genau, so ist das!

Nach der Befugnistheoriemuss der Getäuschte zivilrechtlich zur Verfügung über das Vermögen des Dritten berechtigt sein. Nach der Lagertheorie genügt es, dass der Getäuschte im „Lager” des Dritten steht. Dies ist der Fall, wenn er in einem faktischen Näheverhältnis zum Vermögenskreis des Geschädigten steht und eine Schutzposition für den Vermögensgegenstand inne hat.R kann im Rahmen ihrer richterlichen Verfügungsmacht Anordnungen über fremdes Vermögen treffen. Zwar steht sie als unabhängige Richterin nicht im „Lager” einer Partei. Die Lagertheorie soll aber grundsätzliche eine Ausweitung der Zurechnung schaffen. Eine eingeräumte rechtliche Befugnis ist also auch für die Anhänger der Lagertheorie ausreichend.

4. Weil B die € 4000 noch nicht gezahlt hat, ist sein Vermögen auch noch nicht unmittelbar gemindert.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Vermögensminderung ist unmittelbar, wenn sie ohne weitere Handlungen des Täters oder nicht dem Risikobereich des Opfers zuzurechnender Dritter herbeigeführt wird.Das Urteil an sich führt als solches zwar noch nicht zu einem Vermögensabfluss. B hat dem K auch noch kein Geld gegeben. Jedoch ermöglicht schon die Vollstreckbarkeit des Urteils eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen im Wege der Zwangsvollstreckung. Für das Opfer besteht im streng formalisierten Vollstreckungsverfahren keine nennenswerte Abwehrmöglichkeit mehr. Damit liegt eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bei B vor.Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung wird selbst dann angenommen, wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig, aber bereits vorläufig vollstreckbar ist. Auch hier sei bereits die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit eröffnet.
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