Sozialadäquate Handlungen

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

X hat einen Raubüberfall begangen und will sich ins Ausland absetzen. Bei der Flucht vom Tatort hat X sich jedoch am Bein verletzt. Ärztin A behandelt die Verletzung, obwohl sie ahnt, dass X eine Straftat begangen hat und sie weiß, dass sie X damit die Flucht erleichtert. Nach der Behandlung flieht X nach Kanada .

Diesen Fall lösen 64,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Sozialadäquate Handlungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A könnte sich wegen Strafvereitelung strafbar gemacht haben, indem sie X verarztete (§ 258 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 1 StGB sind: (1)Strafbare Vortat eines anderen (2)Ganz oder teilweise Vereitelung der Bestrafung A müsste subjektiv zumindest bedingt vorsätzlich bezüglich der Vortat und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem müsste die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und kein persönlicher Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 und 6 StGB eingreifen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Hat A den objektiven Tatbestand von § 258 Abs. 1 StGB erfüllt?

Nein!

A hat X zwar verarztet und so letztlich dafür gesorgt, dass X sich ins Ausland absetzen und damit einer Bestrafung zumindest für geraume Zeit entgehen konnte. Jedoch müssen sozialdäquate und berufstypische Verhaltensweisen aus dem Tatbestand des § 258 StGB ausscheiden. Sie schaffen kein in Hinblick auf den tatbestandlichen Erfolg rechtlich missbilligtes Risiko. Zu den sozialadäquaten Handlungen zählen dabei vor allem solche, die keine Vereitelungstendenz aufweisen und im Rahmen der üblichen und rechtlich anerkannten Sozialkontakte stattfinden. Dazu zählen ärztliche Behandlungen .Weitere typische Beispiele für nicht tatbestandsmäßige sozialadäquate Handlungen sind etwa der Verkauf von Nahrungsmitteln, bloßes Zusammenwohnen oder Beherbergen ohne Versteckungscharakter und die „erste Hilfe”.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

© Jurafuchs 2024