+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Anna (A), Mitgesellschafterin einer GmbH, entdeckt, dass der alleinige Geschäftsführer Gerd (G) regelmäßig unbefugt Firmengelder auf sein Privatkonto überweist. A will, dass G umgehend die Geschäftsführungsbefugnis entzogen wird, ohne auf die nächste Gesellschafterversammlung warten zu müssen.
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Einordnung des Falls
Regelungsverfügung (Beispielsfall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A könnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) beantragen, um G die Geschäftsführungsbefugnis einstweilen entziehen zu lassen.
Genau, so ist das!
Für den Fall, dass der Verlust oder Vereitelung eines Rechts droht und dem nicht rechtzeitig durch das oft langwierige Hauptsacheverfahren begegnet werden kann, sieht die ZPO in §§ 916 ff. ZPO ein Eilverfahren (sog. einstweiliger Rechtsschutz) vor. Dies ist ein beschleunigtes Verfahren und damit Ausprägung der Garantie des effektiven Rechtsschutzes.
Die einstweilige Verfügung kommt in Betracht, wenn es um die vorläufige Sicherung von anderen, als der in § 916 Abs. 1 ZPO aufgeführten, Ansprüchen geht. Hier will A sofort auf die Handlungen des G reagieren und nicht die Zeit bis zur Gesellschaftsversammlung abwarten, bis dem G dessen Geschäftsführungsbefugnis entzogen wird. Insoweit steht der A das einstweilige Verfügungsverfahren zur Verfügung.
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2. Die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) dient der einstweiligen Sicherung des Rechtsfriedens bis zur Entscheidung eines streitigen Rechtsverhältnisses.
Nein, das trifft nicht zu!
Die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) dient der Sicherung eines Individualanspruchs auf gegenständliche Leistung.
Sie ist von der Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) abzugrenzen, die der einstweiligen Sicherung des Rechtsfriedens bis zur Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses dient. Bei der Regelungsverfügung muss zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis bestehen. Anders als bei der Sicherungsverfügung ist es nicht nötig, dass bestimmte Ansprüche daraus schon entstanden sind, sondern es genügt, dass sie entstehen können.
3. Hier ist die Regelungsverfügung gemäß § 940 ZPO statthaft.
Ja!
Die Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) ist statthaft zur einstweiligen Sicherung des Rechtsfriedens bis zur Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses. Bei der Regelungsverfügung muss zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis bestehen. Ein Rechtsverhältnis ist eine aus dem Sachverhalt abgeleitete, bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung von Personen zueinander oder zu Gegenständen. Hier besteht Streit über die gesellschaftlichen Geschäftsführungsbefugnisse (= Rechtsverhältnis). Der vorläufige Entzug dieser soll der Sicherung des Rechtsfriedens bis zur Entscheidung dienen. Somit ist eine Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) statthaft. Der Begriff des Rechtsverhältnis wird ähnlich weit wie im Rahmen der Feststellungsklage nach § 256 ZPO verstanden.
4. Eine Abgrenzung zwischen Sicherungs- und Regelungsverfügung ist oft schwierig. Ist diese Abgrenzung in der Praxis von Bedeutung?
Nein, das ist nicht der Fall!
In der Klausur ist es wichtig, zwischen Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) und Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) zu unterscheiden. In der Praxis ist diese Abgrenzung jedoch weitgehend ohne Relevanz, weil das Gericht ohnehin nach freiem Ermessen das Erforderliche veranlasst (§ 938 Abs. 1 ZPO).