Sicherungseigentum als „ein die Veräußerung hinderndes Recht“


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S nimmt bei der Bank D einen Kredit auf. Zur Sicherung ihrer Forderung lässt D sich das Eigentum an der Rolex des S übertragen. Die Uhr bleibt aber bei S. G hat eine titulierte Forderung gegen S. Zur Vollstreckung der Forderung lässt er die Uhr pfänden. D will dagegen vorgehen.

Einordnung des Falls

Sicherungseigentum als „ein die Veräußerung hinderndes Recht“

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist zulässig, wenn sie statthaft ist, beim zuständigen Gericht erhoben wird und D ein Rechtsschutzbedürfnis hat.

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Ja, in der Tat!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist statthaft, wenn der Kläger als Dritter ein die Veräußerung hinderndes Recht (Interventionsrecht) geltend macht (§ 771 Abs. 1 ZPO). Ein Interventionsrecht liegt vor, wenn der Vollstreckungsschuldner aufgrund dieses Rechts den Gegenstand nicht veräußern dürfte, eine hypothetische Veräußerung durch den Vollstreckungsschuldner also rechtswidrig in den Rechtskreis des Dritten eingreifen würde. D muss behaupten, dass ihm ein Interventionsrecht zusteht. Ob D das Recht tatsächlich zusteht, prüfst Du erst in der Begründetheit.

2. Eigentümer der Uhr ist D.

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Ja!

S hat D das Eigentum an der Uhr zur Sicherung der Forderung der D gegen S (Rückforderung des Darlehens) übertragen. Zur Übertragung des Eigentums ist es nicht erforderlich, dass D auch den unmittelbaren Besitz an der Sache erlangen muss (§ 930 BGB). D ist daher Eigentümer der Uhr geworden. Eine (hypothetische) Übertragung des Eigentums an der Uhr durch S würde sich als rechtswidrig darstellen - denn S ist Nichtberechtigter; er ist nicht mehr Eigentümer der Uhr.

3. Das Sicherungseigentum ist ein Interventionsrecht (§ 771 Abs. 1 ZPO).

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Genau, so ist das!

Das Sicherungseigentum wirkt sich faktisch wie ein „verkapptes besitzloses Pfandrecht“ aus, für das § 771 ZPO nicht einschlägig wäre. Die herrschende Meinung bejaht jedoch § 771 ZPO, da es wegen des Typenzwangs im Sachenrecht kein „Eigentum zweiter Klasse“ geben könne. Dementsprechend kann D gegen die Vollstreckung in die ihr gehörende Uhr mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) vorgehen. Eine Mindermeinung, die sich auf die Wertung des § 51 Nr. 1 InsO beruft - danach wird das Sicherungseigentum in der Insolvenz wie ein Pfandrecht behandelt -, versagt D daher die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO).

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