Widerruf eines Maklervertrages

14. Januar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Makler M1 schickt A per E-Mail ein Kurzexposé samt Provisionshöhe. A bittet in der Antwortmail um Details zum Haus, die M1 auch mailt. Weitere Informationen, als die Details zum Haus verschickt M1 nicht. A meldet sich nicht mehr. Nach 5 Monaten kauft A das Haus, vermittelt von Makler M2 und 15% günstiger. Später widerruft A den Maklervertrag mit M1.

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Einordnung des Falls

Widerruf eines Maklervertrages

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In dem Versand des Kurzexposés liegt ein Angebot zum Abschluss eines Vertrags (§ 146 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Maklervertrag kommt nach den allgemeinen Regeln, also Angebot und Annahme, zustande. Dies kann auch konkludent geschehen. Es ist anhand Auslegung zu ermitteln, ob M1 mit dem Zusenden des Kurzexposés schon Rechtsbindungswille hatte (§§ 133, 157 BGB). Im vorliegenden Fall liegt lediglich eine invitatio ad offerendum, also eine unverbindliche Aufforderung an A, ein verbindliches Angebot abzugeben. Folglich kann A mit der Nachfrage nach mehr Informationen kein Angebot annehmen.
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2. Mit dem Versand der weiteren Informationen ist ein Maklervertrag zustande gekommen (§ 652 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Maklervertrag kommt nach den allgemeinen Regeln, also Angebot und Annahme, zustande. Dies kann auch konkludent geschehen. In dem Versand des Kurzexposés durch M1 liegt eine invitatio ad offerendum. Hier wurde auch konkludent auf die Pflicht zur Provisionszahlung durch die Angabe der Höhe der Provision hingewiesen. Mit der Aufforderung, ihr mehr Informationen zu schicken, machte A ein Angebot auf Abschluss des Vertrags. Dieses nahm M1 mit dem Zusenden weiterer Informationen an. Der Maklervertrag (§ 652 BGB) ist wirksam zwischen M1 und A zustande gekommen.

3. Es ist ein wirksamer Hauptvertrag zustande gekommen.

Ja!

Der Hauptvertrag ist der Vertrag zwischen dem Kunden (Auftraggeber) dem Dritten. Voraussetzung ist nur ein wirksamer schuldrechtlicher Verpflichtungsvertrag zwischen dem Kunden und dem Dritten. Dies ist unabhängig von der Ausführung des Vertrags. Mangels entgegenstehender Informationen im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass A das Haus wirksam gekauft hat. Der Hauptvertrag ist wirksam zustande gekommen.

4. M1 hat keine Maklerleistung erbracht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Maklervertrag kann zwei verschiedene Leistungen des Maklers enthalten. Entweder einen Nachweis über eine Gelegenheit des Abschlusses eines Vertrags (sog. Nachweismakler) oder die Vermittlung eines Vertrags (sog. Vermittlungsmakler). Der Nachweismakler hat den Auftragsgeber in die Lage zu versetzen, in konkrete Verhandlungen über den Hauptvertrag einzutreten. Der Vermittlungsmakler muss die Abschlussbereitschaft des Vertragspartners für den Hauptvertrag herbeiführen. M1 hat an A durch das Exposé eine Gelegenheit eines Abschlusses eines Immobilienkaufvertrags vermittelt.

5. M1’s Maklerleistung ist nicht kausal, da A das Haus günstiger gekauft hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Maklerleistung muss für das Zustandekommen des Hauptvertrags zumindest mitursächlich sein. Insbesondere bei Grundstücksgeschäften sinkt der Preis des Objekts häufig durch Aushandeln und durch die Zeit, die das Objekt auf dem Markt ist. Entscheidend ist, ob sich unter Würdigung dieser Umstände eine wirtschaftlich anderer darstellt als der, den M1 nachgewiesen hat. Dabei ist kein strenger Maßstab zu setzen. In Anbetracht dessen ist eine Unterscheidung des Preises von 15% nicht ausschlaggebend. Die Grenze der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit sieht der BGH bei circa 15%. Es wäre hier also auch ein anderes Ergebnis vertretbar.

6. M1’ Maklerleistung ist nicht kausal, da mehrere Monate zwischen der Maklerleistung und dem Abschluss des Hauptvertrags vergangen sind.

Nein!

Die Maklerleistung muss für das Zustandekommen des Hauptvertrags zumindest mitursächlich sein. Die Mitursächlichkeit der Nachweisleistung wird nicht mehr vermutet, wenn weniger als ein Jahr zwischen der Maklerleistung und dem Hauptvertragsschluss vergangen sind. Diese Vermutung kann auch widerlegt werden. Hier sind bisher „Monate“ vergangen, aber nicht mehr als ein Jahr. Die Mitursächlichkeit wird also (noch) vermutet. Gegen die Mitursächlichkeit gibt es keine Anhaltspunkte. M1’ Maklerleistung war somit kausal für den Schluss des Hauptvertrags.

7. Der Rechtsgrund für den Provisionsanspruch (Maklervertrag) könnte durch einen Widerruf untergegangen sein.

Genau, so ist das!

Voraussetzung für einen wirksamen Widerruf ist (1) ein Widerrufsrecht, welches durch eine (2) Widerrufserklärung (3) innerhalb der Widerrufsfrist ausgeübt wurde. In Betracht kommt hier ein Widerruf eines Fernabsatzvertrags (§§ 312, 312c, 312g Abs. 1 BGB).

8. Der persönliche Anwendungsbereich des Widerrufsrechts ist eröffnet.

Ja, in der Tat!

Aus § 312 BGB ergibt sich, dass ein Verbrauchervertrag vorliegen muss. § 310 Abs. 3 BGB sagt, was ein Verbrauchervertrag ist. Aus §§ 13, 14 BGB ergibt sich, was ein Verbraucher und was ein Unternehmer ist. A will das Haus zu privaten Zwecken nutzen. A ist Verbraucherin. M1 handelt im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit. Er ist Unternehmer. Ein Verbrauchervertrag liegt vor. Der persönliche Anwendungsbereich ist eröffnet.

9. Der Maklervertrag ist ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312c BGB.

Ja!

Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden (§ 312c Abs. 1 BGB). Vorliegend kam der Vertragsschluss zwischen M1 und A ausschließlich über E-Mail zustande. Es liegt ein Fernabsatzvertrag vor. Auch der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet. Nach einer alten Fassung der Vorschrift über den Fernabsatzvertrag war es umstritten, ob Maklerverträge Fernabsatzverträge sind. Dieses Problem wurde durch die Neufassung 2014 beseitigt.

10. A hat den Widerruf wirksam ausgeübt.

Genau, so ist das!

A hat den Widerruf erklärt (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB). In M1’s E-Mail war keine Widerrufsbelehrung beigefügt. Dies hat zur Folge, dass die Widerrufsfrist nicht anfängt abzulaufen (§ 356 Abs. 3 BGB). Die Rechtsfolge des Widerrufs ist, dass die auf den Abschluss des Maklervertrags gerichtete Willenserklärung ex nunc erlischt (§ 355 Abs. 1 S. 1 BGB).

11. M1 hat trotz des Widerrufs einen Anspruch auf seinen Maklerlohn.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Anspruch auf den Maklerlohn hat vier Voraussetzungen. Zunächst muss (1) ein gültiger Maklervertrag bestehen. Dann muss der Makler die (2) Maklerleistung erbringen. Der (3) Hauptvertrag muss wirksam zustande kommen. Zuletzt muss (4) die Maklerleistung kausal für den Vertragsschluss sein. Hier besteht kein gültiger Maklervertrag mehr. A hat ihre Willenserklärung wirksam widerrufen. Der Anspruch besteht nicht.
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