Untermietzins nach Beendigung des Mietverhältnisses

9. Juli 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Vermieter V kündigt seinen Wohnungsmietvertrag mit Mieterin S wirksam zum 30.11.2021. S verweigert die Rückgabe der Wohnung. Stattdessen lässt S ihren Bekannten B im Dezember 3 Wochen bei sich wohnen. B zahlt ihr hierfür €300. V verlangt von S die Herausgabe der €300, die S von B erhalten hat.

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Einordnung des Falls

Untermietzins nach Beendigung des Mietverhältnisses

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 13 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des V gegen S im Hinblick auf die Untervermietung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB), scheidet bereits deshalb aus, da das Mietverhältnis zum 30.11.2021 wirksam beendet wurde.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB setzt zunächst voraus, dass ein Schuldverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem besteht.Auch wenn das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Untervermietung beendet war, so bestand für S zumindest noch die Herausgabepflicht nach § 546 Abs. 1 BGB. Dies genügt als schuldrechtliche Sonderverbindung nach § 280 Abs. 1 BGB.
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2. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheidet aber aus, weil V durch die Untervermietung keinen Schaden erlitten hat.

Ja!

Die unberechtigte Untervermietung stellt eine Verletzung der Rückgabepflicht dar (§ 546 Abs. 1 BGB). Nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird auch vermutet, dass S diese zu vertreten hatte. Es fehlt indes an Anhaltspunkten dafür, dass V ein konkreter Schaden durch die Untervermietung entstanden ist. Insbesondere liegen keine Angaben vor, dass V anderweitige Mieteinnahmen entgangen sind.

3. Es kommt ein Anspruch auf Ersatz der Nutzungen aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (EBV) in Betracht (§§ 987, 990, 99 Abs. 3 BGB).

Genau, so ist das!

Dazu müsste (1) eine Vindikationslage vorliegen. Das heißt, V müsste Eigentümer und S Besitzer sein (§ 985 BGB) und S dürfte kein Recht zum Besitz haben (§ 986 BGB). Es müsste zu einer (2) Nutzungsentziehung durch den Besitzer (§§ 987 Abs. 1, 99 Abs. 3 BGB) gekommen sein. (3) Zuletzt muss der Besitzer bösgläubig sein.

4. Bestand zwischen V und S zum Zeitpunkt der Untervermietung eine Vindikationslage (vgl. §§ 985, 986 BGB)?

Ja, in der Tat!

Eine Vindikationslage liegt vor, wenn der Anspruchsteller Eigentümer und der Anspruchsgegner Besitzer ist und der Besitzer kein Recht zum Besitz hat. V ist Eigentümer der Wohnung. S ist Besitzerin. Aufgrund der Kündigung des Mietverhältnisses ist S nicht (mehr) zum Besitz berechtigt. In der fehlenden Besitzberechtigung liegt der wesentliche Unterschied zur Untervermietung im laufenden Mietverhältnis!

5. In den Fällen des nicht-mehr-berechtigten Besitzers scheidet eine Anwendung der §§ 987 ff. BGB nach h.M. aber aus.

Nein!

Nach der Lehre vom Vorrang der Vertragsverhältnisse sollen Fälle des nicht-mehr-berechtigten Besitzers allein nach den (Rückabwicklungs-)Vorschriften des jeweiligen Schuldverhältnisses gelöst werden. Die h.M. vertritt dagegen die Auffassung, dass die §§ 987ff. BGB grundsätzlich neben vertraglichen Herausgabeansprüchen anwendbar sind, solange das Schuldverhältnis keine abschließende Regelung trifft.An einer solchen fehle es im Mietrecht. Der Anspruch aus § 546a BGB habe die Funktion, dem Vermieter die Verfolgung seiner Ansprüche zu erleichtern, wenn der Mieter nach Beendigung des Mietvertrags nicht räumt. Der Ausschluss gesetzlich konkurrierender Anspruchsgrundlagen würde diesem Zweck entgegenstehen und vielmehr zu einer Erschwerung führen. Deswegen müssten die §§ 987ff. BGB ergänzend anwendbar sein.

6. S hat durch die Untervermietung Nutzungen gezogen und war bösgläubig (§§ 987, 990 BGB).

Genau, so ist das!

Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie als die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt (§ 100 BGB). Früchte sind dabei auch die Erträge, welche eine Sache oder ein Recht aufgrund eines Rechtsverhältnisses gewährt werden (§ 99 Abs. 3 BGB).Durch die Untervermietung der Wohnung hat S €300 erzielt und insoweit Nutzungen gezogen. Sie wusste, dass sie hierzu nicht berechtigt war und war insoweit auch bösgläubig (§ 990 Abs. 1 S. 2 BGB). V steht somit ein Anspruch auf Nutzungsersatz aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB zu.

7. Es kommt ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus angemaßter Geschäftsführung in Betracht (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein Anspruch aus angemaßter Geschäftsführung setzt voraus, dass jemand (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Eigengeschäftsführungswillen übernimmt, (3) ohne dazu berechtigt zu sein und (4) obwohl er Kenntnis von der Fremdheit des Geschäfts und der fehlenden Berechtigung hat. Anders als die berechtigte GoA stellt die angemaßte Geschäftsführung kein Recht zum Besitz dar, weswegen sie nicht vor den Ansprüchen aus dem EBV geprüft wird.

8. Ein Herausgabeanspruch aus angemaßter Eigengeschäftsführung ist bereits aufgrund der Sperrwirkung des EBV ausgeschlossen (§ 993 Abs. 1 a.E.).

Nein!

Zum Schutz des redlichen, unverklagten Besitzers sind die Regelungen des EBV grundsätzlich abschließend und entfalten Sperrwirkung gegenüber anderen gesetzlichen Ansprüchen. Bei der angemaßten Eigengeschäftsführung greift der Geschäftsführer aber bewusst in einen fremden Rechtskreis ein und verletzt damit vorsätzlich fremde Interessen. Schutzwürdig ist daher nicht der Geschäftsführer, sondern nur der Geschäftsherr. Deswegen wendet die h.M. in solchen Fällen die Sperrklausel nicht auf die angemaßte Geschäftsführung an und billigt dem Geschäftsherrn auch Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB zu.

9. Es liegt eine fremde Geschäftsbesorgung vor.

Genau, so ist das!

Eine Geschäftsbesorgung ist jede rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Tätigkeit. Dieses Geschäft müsste für den Geschäftsführer ein fremdes sein.Die Untervermietung stellt eine rechtsgeschäftliche Tätigkeit dar. Da vorliegend das Mietverhältnis zwischen V und S beendet war, fällt die Berechtigung zur Vermietung allein in Vs Rechtskreis. Somit handelte es sich für S um ein fremdes Geschäft.Auch hier bestehen also Unterschiede zur unberechtigten Untervermietung während eines laufenden Mietverhältnisses.

10. Auch die übrigen Voraussetzungen des Anspruchs aus angemaßter Eigengeschäftsführung liegen vor, sodass V von S die eingenommenen €300 herausverlangen kann.

Ja, in der Tat!

S hat die Untervermietung als eigenes Geschäft behandelt. V hat sie hierzu nicht berechtigt und S wusste um die Fremdheit des Geschäfts und die fehlende Berechtigung. Die Voraussetzungen der angemaßten Eigengeschäftsführung liegen vor. In der Folge hat V einen Anspruch auf Herausgabe des durch die unberechtigte Untervermietung erlangten Untermietzins (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB).

11. Die Untervermietung stellt eine rechtsgeschäftliche Verfügung i.S.d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Nein!

Eine Verfügung ist jede Belastung, Übertragung, Inhaltsänderung oder Aufhebung eines (bestehenden) Rechts. Die Untervermietung einer Sache stellt keine Verfügung über das Eigentum an Vs Wohnung dar. Die unmittelbare Anwendung des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet somit aus.

12. V kann die Herausgabe des Untermietzinses aber nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB analog von K verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die analoge Anwendung einer Norm setzt eine vergleichbare Interessenlage sowie eine planwidrige Regelungslücke voraus. Gegen die analoge Anwendung sprechen bereits die umfassenden Regelungen des Vertragsrechts und des EBVs. Selbst wenn man eine analoge Anwendung aber für zulässig hält, so besteht der Anspruch nicht. Denn § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist nach h.M. nur auf einen Substanzwertausgleich gerichtet. Vorliegend stellt der von S erlangte Untermietzins jedoch lediglich eine Nutzung dar, die den Substanzwert unangetastet lässt.

13. Die Untervermietung begründet einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Es fehlen vorliegend Anhaltspunkte dafür, dass V durch die Untervermietung ein kausaler Schaden entstanden ist. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet somit aus.
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