Referendariat

Die StA-Klausur im Assessorexamen

Das materielle Gutachten

Ausnahme vom Verwertungsverbot: Vernehmung durch Richter

Ausnahme vom Verwertungsverbot: Vernehmung durch Richter

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zeuge Z wird im Ermittlungsverfahren richterlich vernommen und dabei ordnungsgemäß über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt. Von diesem macht Z zunächst keinen Gebrauch. Erst in der Hauptverhandlung verweigerte er sein Zeugnis.

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Einordnung des Falls

Ausnahme vom Verwertungsverbot: Vernehmung durch Richter

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Darf das richterliche Vernehmungsprotokoll über die Angaben eines Zeugen in der Hauptverhandlung verlesen werden (§ 252 StPO).

Nein!

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden, § 252 StPO. Dies gilt gleichermaßen für polizeiliche und auch für richterliche Vernehmungsprotokolle.
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2. Allerdings dürfen die Angaben eines Zeugen der richterlichen Vernehmung in bestimmten Fällen durch die Vernehmung des mitwirkenden Richters eingeführt werden.

Genau, so ist das!

Macht der Zeuge in einer richterlichen Vernehmung Angaben, weil er sich zunächst noch nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft, dürfen diese durch die Vernehmung des mitwirkenden Richters in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Dies gilt aber nur, (1) wenn das Zeugnisverweigerungsrecht bei der richterlichen Vernehmung bereits bestand und (2) der Zeuge ordnungsgemäß belehrt wurde.

3. Ist darüber hinaus ein über die Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht hinausgehender Hinweis darauf erforderlich, dass die Aussage verwertbar bleibt, wenn der Zeuge später das Zeugnis verweigert?

Nein, das trifft nicht zu!

Eine solche qualifizierte Belehrung des Zeugen wird vom BGH nicht gefordert. Zum einen ergebe sich eine qualifizierte Belehrungspflicht nicht aus dem Gesetz. Zum anderen diene § 252 StPO bloß dem Schutz des Zeugen, sodass es nicht gerechtfertigt, die Wahrheitserforschung durch solch qualifizierte Belehrungspflicht zu erschweren. Überdies überwiegt im Rahmen einer Güterabwägung das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafrechtspflege das Interesse des Zeugen, sich die Entscheidungsfreiheit über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts weiter erhalten zu können. Denn er hat nach -wenn auch einfacher- Belehrung in der verfahrensrechtlich besonderen Situation der richterlichen Vernehmung bewusst den Verzicht auf die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts erklärt.

4. Dürfen die Angaben des Z, die er in der früheren richterlichen Vernehmung gemacht hat, durch Vernehmung des mitwirkenden Richters verwertet werden?

Ja!

Eine Vernehmung des mitwirkenden Richters ist zulässig, (1) wenn das Zeugnisverweigerungsrecht bei der richterlichen Vernehmung bereits bestand und (2) der Zeuge ordnungsgemäß belehrt wurde. Z war bereits während der früheren richterlichen Vernehmung zeugnisverweigerungsberechtigt und wurde entsprechend darüber belehrt. Eine qualifizierte Belehrung war nicht erforderlich. Dem Z stand hier ohnehin wegen der für ihn erkennbaren erhöhten Bedeutung der richterlichen Vernehmung deutlicher als bei einer polizeilichen Vernehmung vor Augen, dass er, falls er aussagt, diese Angaben vor einem Richter nicht ohne Weiteres wieder beseitigen kann.
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