erweiterter Eigentumsvorbehalt

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kauffrau L liefert Kauffrau S am 13.01. eine Halskette, wobei L und S vereinbaren, dass das Eigentum bei L verbleiben soll, bis alle - auch zukünftige - Forderungen aus der Geschäftsverbindung beglichen sind. Am 03.02. bezahlt S die Kette. Die letzte offene Forderung begleicht S am 14.03.

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Einordnung des Falls

erweiterter Eigentumsvorbehalt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S erwirbt mit Übergabe der Kette am 13.01. das Eigentum an ihr (§ 929 S. 1 BGB).

Nein!

Der Eigentumserwerb an beweglichen Sachen nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe und (4) Verfügungsbefugnis des Veräußerers.Hier hat L die Übereignung von der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Begleichung aller Forderungen, die L gegen S aus der Geschäftsverbindung zustehen, abhängig gemacht. Bis zu dem Eintritt der Bedingung haben sich L und S noch nicht über den Eigentumsübergang geeinigt (§ 158 Abs. 1 BGB). Am 13.01. hatte S noch nicht sämtliche Forderungen der L beglichen.
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2. S erwirbt durch die Zahlung am 03.02. Eigentum an der Halskette (§ 929 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumserwerb an beweglichen Sachen nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe und (4) Verfügungsbefugnis des Veräußerers.Hier hat L die Übereignung von der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Begleichung aller Forderungen, die L gegen S aus der Geschäftsverbindung zustehen, abhängig gemacht. Bis zu dem Eintritt der Bedingung haben sich L und S noch nicht über den Eigentumsübergang geeinigt (§ 158 Abs. 1 BGB). Am 03.02. war noch eine Forderung von L gegen S offen.

3. L konnte mit S vereinbaren, dass sie erst Eigentum erwirbt, wenn sie sämtliche auch zukünftige Forderungen der L aus der Geschäftsverbindung erfüllt.

Ja, in der Tat!

Es ist anerkannt, dass jedenfalls zwischen Kaufleuten vereinbart werden kann, dass das Eigentum an den gelieferten Sachen erst übergeht, wenn sämtliche auch zukünftige Forderungen aus der Geschäftsverbindung erfüllt sind. Man spricht vom sog. erweiterten Eigentumsvorbehalt in Form des „Kontokorrentvorbehalt“. Die Grenze von solchen Vereinbarungen bilden Fälle, in denen eine sittenwidrige Übersicherung vereinbart wird, d.h. dem Gläubiger ein übermäßig wertvolles Sicherungsmittel zur Verfügung steht.L und S sind beide Kauffrauen. Die Vereinbarung des Kontokorrentvorbehalts war daher zulässig. Hinweise auf eine Übersicherung gibt es nicht.

4. S erwirbt am 14.03. Eigentum an der Halskette (§ 929 S. 1 BGB).

Ja!

Der Eigentumserwerb an beweglichen Sachen nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe und (4) Verfügungsbefugnis des Veräußerers.L und S haben vereinbart, dass S Eigentum an der Halskette erwerben soll, wenn sie sämtliche auch zukünftigen Forderungen aus der Geschäftsverbindung mit L beglichen hat. Am 14.03. begleicht S die letzte ausstehende Forderung von L. Die bedingte Willenserklärung der L wird damit an diesem Tag wirksam (§ 158 Abs. 1 BGB).Sofern L später wieder neue Ansprüche gegen S zustehen sollten (z.B. aus einer Lieferung am 01.04.), lebt der Eigentumsvorbehalt nicht wieder auf.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Larzed

Larzed

19.12.2022, 09:22:15

Aus dem Sachverhalt ergibt sich nicht, dass L und S Kauffrauen sind.

GI

GingerCharme

20.12.2022, 12:20:13

Beide stehen in einer "Geschäftsbeziehung" laut Sachverhalt. Zudem liefert die eine Partei der anderen regelmäßig Waren, die andere begleicht über Monate hinweg offene Forderungen und beide vereinbaren "professionell" einen Eigentumsvorbehalt - bei lebensnaher Auslegung, ergibt sich mMn deshalb schon, dass L und S Kauffrauen sind.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.12.2022, 13:10:18

Danke euch beiden! Um hier Unklarheiten zu beseitigen, haben wir diese Information nun explizit in den Sachverhalt aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Edward Hopper

Edward Hopper

13.6.2023, 18:01:32

Bei der letzten Antwort steht: 929 S. 1. Aber hier müste doch 929 S. 2 sein, da S bereits im Besitzt der Kette ist?

ajboby90

ajboby90

1.12.2023, 20:15:57

Würde mich auch interessieren

LAURA

Laura

29.12.2023, 09:50:51

Ich würde sagen nein es ist nach §929 S1, weil die Übereigung ja grundsätzlich schon vorher nach stattgefunden hat. Sie wurde nur nachträglich erst wirksam. Wenn wir hier S.2 annehmen würden, dann wäre die

Übereignung

ja erst später vollzogen worden und es wäre eine neue

Übereignung

begründet worden. Das Eigentum erstarkt automatisch in der Person des Verkäufers ohne erneuten Rechtsakt


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