weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt

19. Mai 2025

5 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

L liefert A einen neuen Camper unter Eigentumsvorbehalt. A darf den Camper vor Kaufpreiszahlung weiterveräußern (§ 185 Abs. 1 BGB). allerdings nur unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Forderung des L von A beglichen wird. A veräußert den Camper unter dieser Bedingung an K.

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Einordnung des Falls

weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die „Veräußerung“ von A an K verliert L sein Eigentum an dem Camper.

Nein, das trifft nicht zu!

Zur Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen ist nach § 929 S. 1 BGB erforderlich: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe und (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers.A hat K den Camper übergeben. A ist wegen der Vereinbarung zwischen A und L auch befugt, den Camper zu veräußern (§ 185 Abs. 1 BGB), sofern sie die Weiterveräußerung von der vollständigen Erfüllung der Kaufpreisforderung des L abhängig macht. Aufgrund dieses Eigentumsvorbehalts steht die Übereignung aber unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der vollständigen Kaufpreiszahlung von A an L. K hat damit bei Erhalt des Campers noch kein Eigentum erworben.
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2. Wenn K an A bezahlt, erwirbt er das Eigentum an dem Camper.

Nein!

Bei dem sog. weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt vereinbaren der Erstverkäufer und der Erstkäufer zusätzlich zu einem Eigentumsvorbehalt schuldrechtlich, dass der Erstkäufer die Sache an einen Zweitkäufer unter der Bedingung der vollständigen Begleichung der Forderung des Erstverkäufers gegen den Erstkäufer weiterveräußern darf. Der Erstverkäufer macht seine Einwilligung zur Weiterveräußerung (§ 185 Abs. 1 BGB) von dieser Vereinbarung abhängig (dingliche Ebene). Aufgrund des weitergeleiteten Eigentumsvorbehalts erwirbt K erst Eigentum, wenn Ls Forderung beglichen wird. Es reicht nicht aus, dass K As Forderung begleicht.

3. Ist die Vereinbarung des weitergeleiteten Eigentumsvorbehaltes wegen § 449 Abs. 3 BGB nichtig?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist nach § 449 Abs. 3 BGB nichtig, soweit der Eigentumserwerb davon abhängig gemacht wird, dass der Käufer die Forderung eines Dritten begleicht (§ 449 Abs. 3 BGB).Hier wird der Eigentumserwerb des K nicht davon abhängig gemacht, dass er eine Forderung von L begleicht, sondern davon, dass A die Forderung von L begleicht.

4. Die Vereinbarung des weitergeleiteten Eigentumsvorbehalts ist in AGB unproblematisch möglich.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt beschränkt die Möglichkeiten des Weiterverkaufs in erheblicher Weise und zwingt den Erstkäufer seinen Abnehmern gegenüber, den Eigentumsvorbehalt offenzulegen. Jedenfalls dann, wenn Erstverkäufer und Erstkäufer vereinbaren, dass der Erstkäufer den Kaufpreis vorrangig aus dem Erlös aus der Weiterveräußerung bezahlen soll, gefährdet eine derartige Vereinbarung aber den Zweck des Vertrags und kann deswegen gem. § 307 BGB nicht in AGB, sondern nur durch Individualvereinbarung geregelt werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Bubbles

Bubbles

24.9.2023, 20:54:15

Cooles Ding👍 Der weitergeleitet EV ist mir in Lehrbüchern noch nie begegnet.

G0d0fMischief

G0d0fMischief

13.1.2025, 09:56:21

Der weitergeleitete EV kann aber durch gutgläubigen Erwerb überwunden werden oder nicht? Weil ein

Abhandenkommen

ja nicht vorliegt.

Juraddicted

Juraddicted

14.1.2025, 11:28:13

ich habe online gelesen, dass der Erwerb offengelegt werden muss? Stimmt das? Reicht das hier in der Dreierkonstellation aus? vielen Dank :) hier die quelle: „Ein „weitergeleiteter“ Eigentumsvorbehalt liegt dann vor, wenn der Vorbehaltskäufer dem Dritten offen legt, dass er die Sache von V unter Eigentumsvorbehalt erworben hat. Palandt-Weidenkaff § 449 Rn16. Der Dritte wird in diesem Fall erst dann Eigentümer, wenn K seine Kaufpreiszahlungspflicht gegenüber V erfüllt hat.“

julia_purpose

julia_purpose

11.3.2025, 18:04:14

Hey @[Juraddicted](96780), das hast du richtig gelesen. Wenn man darüber nachdenkt, dann ist es auch ganz logisch: -> Lieferant sagt dem Händler: Hey, ich möchte dir gegenüber einen Eigentumsvorbehalt haben und wenn du meinst, die Sache weiterzuverkaufen ohne mir vorher den Kaufpreis zu geben, dann "blockiere" ich deine Ermächtigung, das Eigentum auf deinen Käufer zu übertragen, so lange, bis ich hier schön mein

Geld

habe. -> Händler sagt: Okay. Ich suche mir jetzt mal einen Käufer für die Sache und wenn der mir den Kaufpreis bezahlt, dann bekommt er trotzdem kein Eigentum. Ich darf ihm das Eigentum ja erst übergeben, bis ich meinen Lieferanten bezahlt habe. Hmmm, aber wie erkläre ich es meinem Kunden, dass er mir alles bezahlen soll und ich ihm trotdem kein Eigentum verschaffen kann...? Dann muss ich meinem Kunden wohl offen legen, dass meine Berechtigung, ihm Eigentum zu verschaffen, so lange durch den Lieferanten "blockiert" ist, bis ich ihm den Kaufpreis bezahlt habe. Erst dann habe ich die

Verfügungsbefugnis

, die bei der

Übereignung

gem. § 929 BGB

erforderlich

ist. -> Der Kunde sagt: Naja, also wenn ich hier schon den vollen Kaufpreis bezahlen muss und trotzdem so lange kein Eigentum bekomme, bis der Verkäufer seinen Lieferanten bezahlt hat, dann muss mir das aber wirklich vorher mitgeteilt werden! Sonst fühle ich mich unangemessen benachteiligt und hätte dem Kauf niemals zugestimmt. Ich möchte aufgrund meiner Privatautonomie schon noch selbst entscheiden dürfen, welche Risiken ich mit welchem Vertragspartner eingehe und dafür brauche ich positive Kenntnis über die Bedingungen. Ich hoffe, daraus wird klarer, warum dem Dritten offengelegt werden muss, dass der Eigentumserwerb durch den weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt bedingt ist! :) Und ja, in dem vorliegenden Fall würde das ausreichen. Der A hat dem K die Sache nämlich nur unter dieser Bedingung veräußert.

LMA

Lt. Maverick

28.4.2025, 17:19:08

@[julia_purpose](145904) Deine Zusammenfassung ist nicht ganz richtig. Die Ermächtigung (Berechtigung) des Erstkäufers knüpft nicht an die Kaufpreiszahlung. Das wäre obsolet, indem durch Kaufpreiszahlung an den Verkäufer der Erstkäufer ohnehin Eigentümer werden würde und eine Verfügung spätestens dann nachträglich wirksam wird (= Konvaleszenz), § 185 II BGB. Auf die Ermächtigung durch den Verkäufer kommt es dann sowieso nicht mehr an. Die Berechtigung ist also nicht blockiert, sondern im Fall des weitergeleiteten Eigentumsvorbehalts lediglich beschränkt. Vielmehr knüpft die Ermächtigung an eine aufschiebend bedingte

Übereignung

des Erstkäufers an den Zweitkäufer. Die Ermächtigung ist dadurch beschränkt, dass diese nur in Fällen der Weiterveräußerung besteht, die unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung des Erstkäufers an den Verkäufer erfolgt. Die

Übereignung

an den Zweitkäufer ist schwebend unwirksam bis die vollständige Kaufpreiszahlung an den Verkäufer erfolgt. Die Offenlegung erfolgt grundsätzlich parallel mit der dinglichen Einigungserklärung unter aufschiebender Bedingung des Erstkäufers. Der Zweitkäufer weiß dann, dass das Eigentum erst übergehen kann, wenn der Erstkäufer wiederum seine eigene Verpflichtung gegenüber dem Verkäufer erfüllt hat. Die Bedingung und ihre Folge müssen doch klar formuliert sein. Die unangemessene Benachteiligung spielt sich hier im Verhältnis Verkäufer - Erstkäufer im Rahmen der AGB des Verkäufers ab. Verwendet der Verkäufer gegenüber dem Erstkäufer in seinen AGB Klauseln, wonach eine Berechtigung zur Weiterveräußerung nur unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung besteht und der Erstkäufer dies dem Zweitkäufer somit offenlegen muss, kann eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 II Nr. 2 BGB und damit Nichtigkeit der Klausel nach § 307 I S. 1 BGB angenommen werden, wenn der Erstkäufer die Kaufsache dem Vertragszweck nach gerade zur Weiterveräußerung erworben hat. Es wird sich regelmäßig kein Zweitkäufer finden, der sich darauf einlässt, wodurch der Vertragszweck vereitelt werden würde.


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