Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Begründung und Mängel des Arbeitsverhältnisses
Auklärungspflicht des Arbeitnehmers
Auklärungspflicht des Arbeitnehmers
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Justus (J) ist knapp bei Kasse und bewirbt sich bei Bäckerin B auf eine freie Stelle. Dabei verschweigt er bewusst seine Mehlstauballergie. Direkt am ersten Arbeitstag fliegt alles auf, da er ununterbrochen niest und nicht arbeiten kann.
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Einordnung des Falls
Auklärungspflicht des Arbeitnehmers
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. J hätte B nur dann von der Allergie erzählen müssen, wenn diese ihn danach gefragt hätte.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Kann B sich von dem Vertrag mit J lösen?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Florian
24.11.2022, 22:04:07
Vllt sollte man hier auf die Wirkungen der Anfechtung bei einem faktisch in Vollzug gesetztem AV hinweisen (Anfechtung wirkt hier aus nahmswseise Ex nunc oder?
Lukas_Mengestu
25.11.2022, 18:01:48
Hallo Florian, in der Tat wirkt die Anfechtung des in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrages ex nunc, sodass die Anfechtung ausnahmsweise nicht zurückwirkt. Schwerpunkt der Session sind allerdings die Aufklärungspflichten bei Abschluss eines Arbeitsvertrages, weswegen wir hier nicht näher darauf eingehen. Aufgrund der starken Allergie ist zudem anzunehmen, dass J hier eigentlich keine Sekunde wirklich gearbeitet hat. Insoweit sind auch keine Lohnansprüche aufgrund des in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses entstanden. Anders wäre dies in Fällen, wo die Täuschung erst nach einigen Tagen/Wochen auffliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Julius
9.1.2023, 20:29:25
Wenn die Täuschung nicht vorsätzlich erfolgte, könnte dann die B den Vertrag auch über einen SE aus cic aufheben im Rahmen der Naturalrestitution?
Nora Mommsen
10.1.2023, 12:55:17
Hallo Julius, danke für deine Frage. Da für die cic nach § 280 Abs. 1 BGB schuldhaftes erfoderlich ist, reicht auch fahrlässiges Handeln aus. Es ist daher auch möglich bei rein fahrlässigem Handeln über cic eine Vertragsauflösung herbeizuführen. Dann stellt die Auflösung den Schadensersatz dar. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Julius
11.1.2023, 08:51:28
Vielen Dank für die Klarstellung Nora!
acca
12.1.2023, 20:40:28
Wie wäre es, wenn J erst beim arbeiten auffällt, dass er eine Allergie gegen Mehl hat ( fern von einer lebenesnahen Situation aber mal angenommen) Käme man da mit irgendwelchen AGL überhaupt voran?
Lukas_Mengestu
2.2.2023, 10:17:22
Hallo acca, sehr gute Frage! Der Arbeitgeber kann nach § 119 Abs. 2 BGB seine bei Vertragsabschluß abgegebene Erklärung wegen Irrtums über solche Eigenschaften des Arbeitnehmers anfechten, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. In der Rechtsprechung ist dabei anerkannt, dass der Arbeitgeber zur Anfechtung berechtigt ist, wenn der Arbeitnehmer wegen gesundheitlicher Mängel nicht nur kurzfristig gehindert ist, die übernommene Arbeit auszuführen (BAG NZA 1990, 141 = https://www.prinz.law/urteile/BAG_5_AZR_491-88 Seite 7 unten). Tritt die Allergie dagegen erst später auf, so kommt eine Kündigung in Betracht. Selbst bei Geltung des Kündigungsschutzgesetz (mind. 6 Monate beschäftigt [§ 1 Abs. 1 KSchG] und mehr als 10 Beschäftigte im Betrieb [§ 23 Abs. 1 KSchG]), liegt ein legitimer Grund im Hinblick auf die Allergie vor (personenbedingter Grund), der zur Kündigung berechtigt, sofern J nicht an anderer Stelle eingesetzt werden kann. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team