Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Begründung und Mängel des Arbeitsverhältnisses
Fragerecht des Arbeitgebers - Begrenzt zulässige Fragen (Vorstrafen)
Fragerecht des Arbeitgebers - Begrenzt zulässige Fragen (Vorstrafen)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Fabrikleiterin F ist glühende Fahrradfahrerin und mag keine Autos. Um sicherzugehen, keinen Verkehrsrowdy einzustellen, befragt sie den angehenden Sekretär S, ob er Vorstrafen bezüglich Verkehrsstraftaten habe. S ist erst kürzlich wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt worden.
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Einordnung des Falls
Fragerecht des Arbeitgebers - Begrenzt zulässige Fragen (Vorstrafen)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Arbeitnehmer müssen alle Fragen des Arbeitgebers im Bewerbungsgespräch wahrheitsgemäß beantworten.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Muss S zugeben, dass er kürzlich wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt worden ist?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Bora
18.1.2024, 08:38:12
Im Ergebnis ist die Trunkenheitsfahrt wohl nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit und muss daher nicht beantwortet werden, könnte allerdings nicht zumindest als Argument eingebracht werden, dass die Trunkenheitsfahrt ein Ausdruck von fehlender Sorgfaltspflicht ist mit der Schlussfolgerung, das womöglich ein gewisses Pflichtunbewusstsein existiert ?
Leo Lee
20.1.2024, 09:11:50
Hallo Bora, vielen Dank für diese sehr gute Frage! In der Tat ist dein Argument nicht von der Hand zu weisen, denn die Begehung einer Straftat (wenngleich nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang) lässt sehr wohl Rückschlüsse auf die Sorgfaltspflicht und auf das Pflichtunbewusstsein zu. Auf der anderen Seite steht jedoch die folgende Erwägung: Die Frage nach einer Vorstrafe ist zunächst ein erheblicher Eingriff in die Intimsphäre. Hinzu kommt, dass jeder die Chance verdient, resozialisiert zu werden, ohne dass ein „Damoklesschwert“ namens „Vorstrafe“ über dem Haupt schwebt. Um diesen Erwägungen Rechnung zu tragen, haben sich der Großteil Literatur und das BAG dafür entschieden, dass eine Einschränkung dahingehend erfolgen soll, dass der Resozialisierungsgedanke „nur dann“ durchbrochen werden soll, wenn das Interesse des Arbeitgebers vorgeht. Dies ist dann wiederum der Fall, wenn die Vorstrafe für die Vertragsdurchführung UNERLÄSSLICH ist; d.h. bei Arbeitsvertrag sich unm. Auf die Tätigkeit bezieht. Erst in diesem Fall können wir den Resozialisierungsgedanken „zurücktreten“ lassen! Hierzu kann ich die Lektüre von Richardi BetrVG 17. Auflage, Thüsing § 94 Rn. 25, 26 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Bora
20.1.2024, 09:38:26
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Leo Lee
20.1.2024, 12:24:11
Sehr gerne! Falls du mehr Fragen haben solltest, freuen wir uns riesig darauf :)!
Trá My
16.11.2024, 16:36:39
In der Lösung ist die erste genannte Voraussetzung, wenn diese „noch nicht im Bundeszentralregister getilgt“ ist. Was soll das genau bedeuten?