Selbstbestimmungsrecht in der Öffentlichkeit 1

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B ist Bürgermeister in einer Kleinstadt. In dieser Position verbreitet er Lügen über die Biografie des Zugezogenen Z ohne dessen Zustimmung.

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Einordnung des Falls

Selbstbestimmungsrecht in der Öffentlichkeit 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z ist vor der Verbreitung von Lügen über ihn durch B über Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt.

Ja, in der Tat!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) gewährleistet ein Selbstbestimmungsrecht in der Öffentlichkeit. Danach darf der Einzelne „grundsätzlich selbst und allein bestimmen, ob und wieweit andere sein Lebensbild im Ganzen oder bestimmte Vorgänge aus seinem Leben öffentlich darstellen dürfen.“ (BVerfG, Urt. v. 05.06.1973 - 1 BvR 536/72 - Lebach) Vorliegend hat Z der Verbreitung von Lügen über ihn nicht zugestimmt. Z konnte somit nicht selbst und allein bestimmen, wie B sein Lebensbild in der Öffentlichkeit darstellt. Er ist somit in seinem Selbstbestimmungsrecht in der Öffentlichkeit betroffen und damit über Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt.
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2. Gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG darf Z dem B vorgeben, wie dieser Z in seinen Erzählungen darzustellen hat.

Nein!

Das Recht auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit schützt unter anderem vor der unbefugten Verbreitung von eigenen Bildern, Daten und Äußerungen sowie vor gezielten Falschdarstellungen über die eigene Person. Es gewährt allerdings keinen Anspruch darauf, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie man sich selbst sieht oder gesehen werden möchte. Z hat somit keinen Anspruch aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nach seinen persönlichen Wünschen von B dargestellt zu werden. Er kann B damit nicht vorgeben, wie dieser ihn in der Öffentlichkeit darstellen soll.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RUBE

Ruben

23.11.2022, 13:48:38

Verständnisfrage: Ich weiß, das Thema ist sehr sensibel, ich möchte es dennoch verstehen: Bei einem anderen Fall hieß es, dass es keinen Anspruch darauf gibt, von anderen so dargestellt zu werden wie man sich selber sieht. Nun ist das Geschlecht (das biologische) dem Beweis zugänglich, wieso kann also eine Person, die sich zwar männlich fühlt aber tatsächlich weiblich ist, dennoch in Anspruch nehmen so bezeichnet zu werden, wie sie sich fühlt? Oder liegt das eher an einer sich ändernden Definition von Geschlecht? Danke schon mal!

RUBE

Ruben

23.11.2022, 13:53:43

Sorry, Kommentar ist im falschen Fall gelandet.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.11.2022, 22:02:31

Hallo Ruben, stellst du deine Frage nochmal unter dem richtigen Fall? :) Dann können wir dir besser eine Antwort darauf geben. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LR

LR

13.1.2023, 14:30:57

Mich würde die Beantwortung dieser Frage auch interessieren!

VALA

Vanilla Latte

18.2.2024, 01:49:00

Im ersten Kasten steht Schutz vor Falschbehauptungen. Das sind doch die Lügen über die Biografie des Betroffenen oder nicht? Es geht hier doch nicht darum, dass ich entscheiden möchte, was über mich erzählt wird, sondern dass nicht bewusst Lügen erzählt werden. Ich hätte da wohl ein APR angenommen.


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