Bekanntgabe eines mündlichen VA

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Radaubruder R ist mit seiner Lebenssituation unzufrieden und zieht daher pöbelnd über den Hauptplatz. Dabei bedroht er auch vorbeiziehende Passanten. Polizist P spricht dem R mündlich einen Platzverweis aus.

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Einordnung des Falls

Bekanntgabe eines mündlichen VA

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Platzverweis ist ein Verwaltungsakt. Er bedarf deshalb für seine Wirksamkeit der Bekanntgabe.

Genau, so ist das!

Der Platzverweis ist eine einseitige Maßnahmen auf Grundlage des Polizei-/Ordnungsrechts, die Polizist P im Über-/Unterordnungsverhältnis gegenüber R erlässt, also eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. P handelt als Behörde(§ 1 Abs. 4 VwVfG). Der Platzverweis verpflichtet R, sich zumindest vorübergehend vom Hauptplatz zu entfernen, hat also Regelungswirkung. Der Platzverweis regelt einen Einzelfall mit Außenwirkung. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) ist gegeben. Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit des Platzverweises ist damit die Bekanntgabe (§ 43 Abs. 1 VwVfG).In unproblematischen Fällen kannst Du in der Klausur den verkürzten Gutachtenstil anwenden.
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2. Die Bekanntgabe als solche ist zu unterscheiden von der Ordnungsgemäßheit der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts.

Ja, in der Tat!

Die Bekanntgabe als solche bzw. Bekanntgabe im Rechtssinne ist Wirksamkeitsvoraussetzung des Verwaltungsakts (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Fehlt sie, liegt kein Verwaltungsakt vor. Davon zu unterscheiden ist die Ordnungsgemäßheit bzw. Form der Bekanntgabe. Sie richtet sich nach § 41 VwVfG und Spezialvorschriften. War die Bekanntgabe nicht ordnungsgemäß, hat dies nach h.M. grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit zur Folge. Fehler bei der Form der Bekanntgabe können geheilt werden oder unbeachtlich sein. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe ist maßgeblich für die Berechnung der Widerspruchs-/Klagefrist (§§ 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 S. 2 VwGO).

3. Mangels Schriftform fehlt es an der ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Platzverweises.

Nein!

Nach § 41 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird.Für einen mündlich ausgesprochenen Platzverweis (= mündlicher Verwaltungsakt (vgl. § 37 Abs. 2 S. 1 Var. 3 VwVfG)) ist keine besondere Form der Bekanntgabe vorgeschrieben (Umkehrschluss aus §§ 41 Abs. 2 VwVfG). Auch Spezialvorschriften kommen vorliegend nicht in Betracht. Ist keine besondere Form der Bekanntgabe vorgeschrieben, darf sie in jeder geeigneten Form erfolgen. Die Bekanntgabe darf damit durch mündliche Verlautbarung erfolgen. Mithin wurde der Platzverweis gegenüber R auch ordnungsgemäß bekanntgegeben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SN

Sniter

2.6.2023, 09:49:06

Moin, wo ist der Unterschied zwischen der Frage nach der ordnungsgemäßen Bekanntgabe und der Frage nach der formell rechtmäßigen Form (§ 37 VwVfG) eines VA?

Juratiopharm

Juratiopharm

14.8.2023, 15:12:35

Die ordnungsgemäße Bekanntgabe geht über § 37 hinaus, indem etwa die schriftliche Fassung eines VA noch nicht seine Bekanntgabe nach § 41 bewirkt. Erforderlich ist aber beides. Wie ein schriftlicher

Verwaltungsakt

bekanntgegeben wird, ergibt sich aus § 37 noch nicht, aber, bei postalischer Zustellung ggf. aus § 41 II. In Betracht kommt aber auch ein Telefax oder eine amtliche Zustellung.

STE

Stella2244

12.6.2024, 12:03:18

Liebes Jurafuchsteam, leider kenne ich es nicht so, dass die Bekanntgabe einen so großen Punkt darstellt. Würde man solche Erwägungen (falls die Bekanntgabe problematisch sein sollte) im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit im Unterpunkt Form ansprechen? Liebe Grüße Stella


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