Beschwerdefähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts


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Die Regierung des Landes L untersagt der in L ansässigen Universität U, welche als landesunmittelbare Körperschaft öffentlichen Rechts organisiert ist, fakultätsübergreifend die Thematisierung regierungskritischer Schriften im Rahmen der Lehre. U sieht sich in ihrer Freiheit der Lehre verletzt und beschließt Verfassungsbeschwerde zu erheben.

Einordnung des Falls

Beschwerdefähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt die Beschwerdefähigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG) der U voraus.

Ja!

Fähig, eine Beschwerde zum BVerfG zu erheben (Beschwerdefähigkeit) ist Jedermann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt worden zu sein (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Beschwerdefähig sind alle Personen, die Träger eines der als verletzt gerügten Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte sein können. Auf die tatsächliche Trägerschaft des gerügten Rechts kommt es nicht an. Auch inländische juristische Personen können Träger von Grundrechten sein, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind (Art.19 Abs.3 GG).

2. In Wahrnehmung staatlicher Aufgaben sind juristische Personen des öffentlichen Rechts Teil der Staatsgewalt und Grundrechte ihrem Wesen nach unanwendbar (Art.19 Abs.3 GG).

Genau, so ist das!

Beschwerdefähig sind alle Personen, die Träger eines der als verletzt gerügten Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte sein können. Die U rügt die mögliche Verletzung ihrer Lehrfreiheit (Art.5 Abs.3 GG). Auch öffentlich rechtliche Personen könne sich auf Grundrechte berufen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind (Art.19 Abs.3). Grundrechte sind ihrem Wesen nach weiterhin schwerpunktmäßig Abwehrrechte gegenüber dem Staat (Wesensargument). Sie binden den Staat, berechtigen ihn jedoch nicht (Art.1 Abs.3 GG – Konfusionsargument). In Wahrnehmung staatlicher Aufgaben sind juristische Personen des öffentlichen Rechts Teil der Staatsgewalt und Grundrechte ihrem Wesen nach unanwendbar (Art.19 Abs.3 GG). Grundsätzlich kommt juristischen Personen des öffentlichen Rechts somit keine Beschwerdefähigkeit zu.

3. U ist beschwerdefähig, Verfassungsbeschwerde gegen die Beschränkung ihrer Lehrfreiheit zu erheben.

Ja, in der Tat!

Anderes gilt jedoch, wenn die Tätigkeit der juristischen Person nicht in der Erfüllung staatlicher Aufgaben, sondern in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage geschieht. Eine solche liegt vor, wenn die juristische Person Aufgaben wahrnimmt, die der Verwirklichung und Ausfüllung grundrechtlich gewährleisteter Freiheitsräume dienen. Hierfür muss die juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sein oder diesem kraft ihrer Eigenart von vorneherein zugehören. Universitäten sind durch die ihnen übertragenen Aufgaben unmittelbar dem grundrechtlich geschützten Bereich der Lehrfreiheit (Art.5 Abs.3 GG) zugeordnet. Mithin ist die Lehrfreiheit (Art.5 Abs.3 GG) ihrem Wesen nach (Art.19 Abs.3) auf die U anwendbar und diese somit beschwerdefähig.

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