Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungs- und Unterlassungklage

Abgrenzung zur Anfechtungsklage Fall 2: Folgenbeseitigungsanspruch bei Vollzug eines rechtswidrigen VAs

Abgrenzung zur Anfechtungsklage Fall 2: Folgenbeseitigungsanspruch bei Vollzug eines rechtswidrigen VAs

6. Februar 2025

14 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gemeinde G erlässt gegenüber der kleinen Hexe H eine Verfügung, nach der sie ihre Holzhütte grün anstreichen muss. Als sich H weigert, nimmt G den Anstrich vor. H ist der Meinung, die Verfügung war rechtswidrig. Sie will, dass der Anstrich rückgängig gemacht wird.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung zur Anfechtungsklage Fall 2: Folgenbeseitigungsanspruch bei Vollzug eines rechtswidrigen VAs

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der G klagt H. Statthaft ist grundsätzlich die allgemeine Leistungsklage, wenn H ein rein tatsächliches Handeln der G begehrt.

Ja!

Begehrt der Kläger ein Handeln der Behörde, muss zwischen der Verpflichtungsklage und der allgemeinen Leistungsklage abgegrenzt werden. Dies geschieht über die rechtliche Einordnung des begehrten Handelns. Begehrt der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts, ist die Verpflichtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO). Begehrt er ein sonstiges, schlichtes Verwaltungshandeln (oder Unterlassen), ist die allgemeine Leistungsklage statthaft. H begehrt, dass G ihr Haus wieder in der ursprünglichen Farbe anstreicht. Dabei handelt es sich um schlichtes Realhandeln der Verwaltung.
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2. H kann jedoch nicht gegen den grünen Anstrich vorgehen, solange die Verfügung wirksam ist, mit der sie zum Anstreichen ihrer Holzhütte verpflichtet wurde.

Genau, so ist das!

Wenn dem begehrten Realhandeln ein erlassener Verwaltungsakt entgegensteht, kann der Kläger das Handeln nicht erreichen, solange der Verwaltungsakt wirksam ist. In solchen Fällen muss der Kläger zunächst den bestehenden Verwaltungsakt mithilfe der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) angreifen. H muss zunächst die Verfügung anfechten, mit der sie zum Anstreichen ihrer Holzhütte verpflichtet wurde.

3. Nach erfolgreicher Anfechtung des Verwaltungsakts muss H zusätzlich die allgemeine Leistungsklage, gerichtet auf die Folgenbeseitigung - also auf Wiederherstellung des alten Farbanstrichs -, erheben.

Nein, das trifft nicht zu!

Erleidet der Kläger durch den Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts eine Verletzung subjektiver Rechte, so hat er materiell-rechtlich einen Folgenbeseitigungsanspruch gegen die Behörde. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs muss der Kläger prozessual keine neue Leistungsklage erheben. Vielmehr kann er den materiellen Anspruch prozessual als Annexantrag zur Anfechtungsklage geltend machen (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO). Statthaft ist die Anfechtungsklage. H kann die Beseitigung der Farbe mit einem Annexantrag fordern. Sie muss keine weitere Leistungsklage erheben. In der Klausur würdest Du Hs Klagebegehren dahingehend auslegen, dass H sowohl Anfechtung (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) als auch Folgenbeseitigung (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO) begehrt. Formulierungsbeispiel: H begehrt / beantragt, den Verwaltungsakt [genaue Bezeichnung] aufzuheben und seine Vollziehung rückgängig zu machen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Melanie 🐝

Melanie 🐝

11.8.2021, 09:30:45

Hier wäre ein Formulierungsbeispiel für die Klausur toll (Klausur Hinweis) , wie man das mit dem

Annexantrag

schreiben könnte bzw. Wie man das aufbaut

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

3.12.2021, 18:18:23

Hallo Melanie, danke für deinen Vorschlag. Wir haben die Aufgabe um einen Klausurhinweis ergänzt und auch ein Formulierungsbeispiel aufgenommen. Hoffe das hilft. Beste Grüße - Wendelin für das

Jurafuchs

-Team

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

30.12.2022, 15:31:07

Verstehe nicht ganz.. Hat sich der VA hier nicht durch Zielerreichung, also den Anstrich erledigt?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

2.1.2023, 11:50:48

Hallo Imponderabilie, danke für deine Frage. Erledigung wäre z.B. eingetreten, wenn das Haus niedergebrannt wäre und sich somit das Objekt des Verwaltungsaktes erledigt hätte. Durch den Anstrich ist zwar die Vornahmepflicht erloschen, der wirksame Verwaltungsakt begründet aber weiter eine Duldungspflicht den grünen Anstrich zu belassen. Solange der VA wirksam ist, kann H auch keine Beseitigung des Anstrichs verlangen. Viele Grüße, Nora - für das

Jurafuchs

-Team

GNU

Gnu

29.1.2023, 22:17:20

Hallo liebes Team, an welcher Stelle der Prüfung thematisiere ich den

Annexantrag

? In der statthaften Klageart? Oder erst in der

Begründetheit

?

CR7

CR7

4.8.2024, 22:54:30

Du thematisierst es in der statthaften Klageart bzw. Antragsart und dann nach der Prüfung der RMK des VA

EVA

evanici

29.8.2023, 17:23:20

Kann man trotzdem sagen, dass die "Gestalt" des

Annexantrag

s im Gutachten dem der

Leistungsklage

entspricht? Und würde ich dann en bloc erst die

Anfechtungsklage

auf

Zulässigkeit und Begründetheit

hin prüfen und dann dahinter nochmals dasselbe Spiel mit dem

Annexantrag

(bzw. der

Leistungsklage

)? Und wäre die Klage zumindest teilweise begründet, wenn die

Anfechtungsklage

begründet ist, der

Annexantrag

jedoch nicht, weil beispielsweise das begehrte Handeln nicht verlangt werden kann, der VA aber schon

rechtswidrig

war und den Kläger in seinen Rechten verletzt?

UN

Unterfertigter

17.1.2024, 01:59:39

Darf die Behörde das Haus einfach selbst anstreichen? Gibt es da eine rechtliche Grundlage?

Dogu

Dogu

9.3.2024, 16:32:22

Bei vertretbaren Handlungen wie dem Anstreichen würde ich eine

Ersatzvornahme

vermuten. Dann müssen eben die entsprechenden Voraussetzungen des VwVG vorliegen (§§ 6 ff. VwVG).

KO

konsti305

21.10.2024, 01:45:31

Hat sich durch das Anstreichen der Verwaltungsakt nicht vollzogen? Daraufhin könnte man doch eine Fortsetzungsfeststellungsklage erheben und wenn der Verwaltungsakt als

rechtswidrig

bestimmt wird, eine

allgemeine Leistungsklage

.

TI

Timurso

21.10.2024, 10:25:55

Der Verwaltungsakt wäre relativ sinnfrei, wenn er sich nach dem einmaligen Anstreichen erledigen und die Regelungswirkung entfallen würde. Dann könnte man ja ohne Probleme unmittelbar danach wieder in einer anderen Farbe streichen. Das wird so von der Behörde nicht gewollt sein. In der Praxis wird der VA daher wohl eindeutiger formuliert sein, dass seine Regelungswirkung sich auf die Herstellung und Aufrechterhaltung des Zustands (grün gestrichen) richtet. Hier muss man das wohl etwas lebensnah auslegen.

TI

Timurso

21.10.2024, 10:27:00

Siehe auch die Antwort von Nora in einem Thread weiter unten.


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