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Jurafuchs

Chefin C schickt ihren Sekretär S los, um ein privates Angebot über den Kauf eines Autos zum Preis von €20.000 zu übermitteln. S hegt einen Groll gegen C und übermittelt Verkäufer V das Angebot von C mit einem Kaufpreis von €25.000. Dieser willigt ein.

Einordnung des Falls

Bote übermittelt bewusst unrichtige Erklärung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen C und V ist ein Kaufvertrag über das Auto zu €25.000 zustande gekommen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Vertrag erfordert zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Grundsätzlich kann zur Übermittlung einer Willenserklärung ein Erklärungsbote eingesetzt werden. Der Erklärende trägt dabei das Risiko der unbewusst unrichtigen Übermittlung. Er soll jedoch nicht das Risiko einer bewusst falschen Übermittlung tragen. Es handelt sich bei der Erklärung „Angebot über €25.000“ nicht mehr um eine Willenserklärung der C. C hat ihr Angebot (über €20.000) abgegeben, als sie S beauftragt hat, ihre Erklärung zu übermitteln. Aufgrund der bewusst unrichtigen Übermittlung durch S ist diese Willenserklärung dem V jedoch nie zugegangen.

2. Der bewusst unrichtig übermittelnde Erklärungsbote haftet nach den Grundsätzen des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB analog).

Ja, in der Tat!

Aufgrund der bewusst unrichtigen Übermittlung wird die Erklärung des Boten (hier S) dem Erklärenden (hier C) nicht zugerechnet. Gleichzeitig gibt der Bote (anders als ein Vertreter) keine eigene Willenserklärung ab. Die Grundsätze über die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB) sind deshalb nicht direkt anwendbar. Dennoch ist die Situation mit einem Vertreter, der bewusst seine Vertretungsmacht überschreitet, vergleichbar. Insbesondere ist das Vertrauen des Erklärungsempfängers in beiden Konstellationen gleich schutzwürdig. Daher kann § 179 BGB analog angewendet werden.

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QUIG

QuiGonTim

7.3.2022, 16:47:34

Nochmal zum Verständnis: S hat keine Willenserklärung der C übermittelt. Er hat auch keine eigene Willenserklärung abgegeben. Die Äußerung des S gegenüber V, C wolle ein Auto für 25.000 € kaufen, ist also überhaupt keine Willenserklärung?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.3.2022, 14:29:58

Hallo QuiGonTim, in der Tat ist dies das etwas seltsam anmutende Ergebnis, wenn man das konsequent zu Ende denkt. Teilweise wird in der Literatur aber auch dafür plädiert, die bewusst unrichtige Übermittlung der lediglich versehentlichen Übermittlung gleichzustellen (vgl. Armbrüster, in: MüKo-BGB, 9.A. 2021, § 120 RdNr. 5). Dann läge eine Erklärung der C vor, die sie nur durch Anfechtung (§ 120 BGB) beseitigen kann. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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