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Klassisches Klausurproblem

A stiftet den T an, seinen (As) Vater, den O, umzubringen. A möchte frühzeitig erben und sich einen Sportwagen kaufen. T tötet den O, ohne selbst materielle Vorteile zu erstreben.

Einordnung des Falls

Nur der Teilnehmer handelt habgierig

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den O aus "Habgier" (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 3 StGB) getötet.

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Nein, das trifft nicht zu!

Habgier ist das gesteigerte abstoßende Gewinnstreben um jeden Preis, auch um den eines Menschenlebens. T hat den O getötet, ohne materielle Vorteile zu erstreben. Das Mordmerkmal der Habgier liegt bei T nicht vor und er ist lediglich aus § 212 Abs. 1 StGB zu bestrafen.

2. Indem T den O tötete, hat er sich wegen Totschlags strafbar gemacht (§ 212 Abs. 1 StGB).

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Ja!

T hat vorsätzlich einen anderen Menschen getötet und mithin § 212 Abs. 1 StGB erfüllt.

3. Nach der Literaturmeinung ist A wegen Anstiftung zum Mord (§§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 1, Abs. 2 Gr. 1 Var. 3, 26 StGB) zu bestrafen.

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Genau, so ist das!

Anstiftung (§ 26 StGB) setzt (1) eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat, (2) eine taugliche Teilnehmerhandlung (Bestimmen zur Haupttat) und (3) den "doppelten Teilnehmervorsatz" (bezüglich der Haupttat und dem Bestimmen) voraus sowie (4) rechtswidriges und schuldhaftes Handeln des Anstifters. Nach der Literatur ist der Teilnehmer wegen Teilnahme zum Mord zu bestrafen, wenn bei ihm ein täterbezogenes Mordmerkmal vorliegt (§ 28 Abs. 2 StGB). Im Totschlag des T an O ist die vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat zu sehen. A hat den T zur Tat bestimmt. Auch vom Vorliegen des "doppelten Teilnehmervorsatzes" bei A ist auszugehen. Das Mordmerkmal der Habgier liegt bei dem Anstifter A vor. Daher wird A, ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit des T, wegen Anstiftung zum Mord bestraft.

4. Nach der Rechtsprechung hat sich A wegen Anstiftung zum Totschlag (§§ 212 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.

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Ja, in der Tat!

Die Rechtsprechung sieht den Mord als eigenständiges Delikt an. Entsprechend qualifiziert es Mordmerkmale als strafbegründend (und nicht bloß strafschärfend) und wendet auf den Teilnehmer § 28 Abs. 1 StGB an. § 28 Abs. 1 StGB spricht nur vom Fehlen besonderer persönlicher Merkmale beim Teilnehmer. Hier liegt das Mordmerkmal als besonderes persönliches Merkmal aber gerade nur bei A als Teilnehmer vor. Entsprechend kann A nur aus §§ 212 Abs. 1, 26 StGB bestraft werden. Das Vorliegen des Mordmerkmals kann lediglich als Abwägungspunkt im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden. Auch in dieser Konstellation überzeugt die Meinung der Rechtsprechung nicht. Denn der Teilnehmer an einem Totschlag wird, selbst bei Berücksichtigung des Mordmerkmals in der Strafzumessung, tendenziell geringer bestraft als der Teilnehmer an einem Mord.

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