Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Allgemeine Regeln für Handelsgeschäfte (§§ 343-372 HGB)
Schweigen im Handelsverkehr, Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben (Grundfall)
Schweigen im Handelsverkehr, Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben (Grundfall)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Inhaberin I des Fast-Food-Restaurants „BurgerQueen“ verhandelt telefonisch mit dem Lebensmittel-Lieferanten L über den Kauf von Burger Patties. Drei Tage später erhält I ein Schreiben von L: „Auftragsbestätigung: Lieferung von 1.000 Burger Patties zum Preis €500 am 01.10.2024“. I reagiert nicht, freut sich aber über das gute Geschäft.
Diesen Fall lösen 89,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Schweigen im Handelsverkehr, Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben (Grundfall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zwischen I und L ist beim telefonischen Gespräch ein Kaufvertrag über 1.000 Burger Patties zum Preis von €500 zustande gekommen (§ 433 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein Vertrag zwischen I und L über 1.000 Burger Patties zum Preis von €500 (§ 433 BGB) könnte nach den Grundsätzen zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben dadurch zustande gekommen sein, dass I auf das Schreiben von L nicht reagiert hat.
Ja, in der Tat!
3. I und L sind Kaufleute oder sonstige Unternehmer.
Ja!
4. Zwischen I und L haben Vertragsverhandlungen stattgefunden.
Genau, so ist das!
5. I ist unmittelbar nach den Vertragsverhandlungen ein Bestätigungsschreiben von L zugegangen.
Ja, in der Tat!
6. I hat dem Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) nach dessen Zugang widersprochen.
Nein!
7. L als Absender des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist schutzwürdig.
Genau, so ist das!
8. Zwischen I und L ist ein Vertrag über die Lieferung von 1.000 Burger Patties zum Preis von €500 zustande gekommen. L hat gegen I einen Anspruch auf Abnahme und Bezahlung (§ 433 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
as.mzkw
23.8.2024, 09:55:18
Ich habe es eigentlich so gelernt, dass eine Auftragsbestätigung (wie hier im SV ausdrücklich genannt) gerade kein KBS darstellt. Kann mich jemand aufklären?
jess11O
28.8.2024, 18:53:45
Wenn ich den Fall richtig verstanden habe, handelt es sich nicht um eine Auftragsbestätigung im eigentlichen Sinne, weil während des Telefongesprächs noch gar kein Kaufvertrag zustande gekommen ist.
Sebastian Schmitt
26.9.2024, 12:16:44
Hallo @[as.mzkw](244917), Du hast insofern Recht, als dass wir ein kfm Bestätigungsschreiben grds von einer reinen "Auftragsbestätigung" abgrenzen müssen. Mit "Auftragsbestätigung" ist dabei im Kontext eines kfm Bestätigungsschreibens, anders als bei Verbraucherverträgen, nicht eine bloße deklaratorische Bestätigung einer Bestellung wie etwa in § 312i I 1 Nr 3 BGB genannt (wie Du, @[jess11O](258425), es anzunehmen scheinst). Vielmehr geht es um Fälle, in denen der Absender des Schreibens einen Antrag des Empfängers erstmals annimmt (MüKoHGB/Maultzsch, 5. Aufl 2021, § 346 Rn 167). Objektiv kann es in unserem Fall allerdings gar keine Annahme sein, weil I ja noch kein entsprechendes Angebot abgegeben hat (bzw wir das der Sachverhaltsdarstellung nicht entnehmen können). Nach dem Rechtsgedanken des § 150 BGB kann eine solche "Annahme" als Angebot des L behandelt werden. Bloßes Schweigen darauf kann dann dieselben Konsequenzen haben wie bloßes Schweigen auf ein kfm Bestätigungsschreiben (MüKoHGB/Maultzsch, 5. Aufl 2021, § 346 Rn 168). Ob es sich um eine solche "Annahme" oder vielmehr um ein kfm Bestätigungsschreiben handelt, das schon von einem festen Vertragsschluss ausgeht, ist durch Auslegung zu ermitteln (auch wenn es darauf iE häufig nicht ankommen wird, s oben). Die Bezeichnung als "Auftragsbestätigung" ist dafür irrelevant, auch bei einer solchen Fehlbezeichnung kann ein kfm Bestätigungsschreiben vorliegen (so explizit BGH NJW 1970, 2021). Die Anhaltspunkte in unserer Sachverhaltsdarstellung sind dafür knapp, wir wollen hier (nicht zuletzt aus didaktischen Gründen) von einem kfm Bestätigungsschreiben ausgehen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team