Zivilrecht

Kaufrecht

Sach- und Rechtsmängel

Eignung zur gewöhnlichen Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB

Eignung zur gewöhnlichen Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Neues Kaufrecht 2022

K erwirbt im Frühjahr 2015 von V für €22.250 einen Neuwagen VW Golf 2.0 TDI mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189. Nach Übergabe stellt sich heraus, dass das Fahrzeug mit einer Software ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert. Es besteht die Gefahr, dass die weitere Nutzung durch die zuständigen Behörden untersagt wird.

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Einordnung des Falls

Eignung zur gewöhnlichen Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der VW Golf hat einen Sachmangel, da er von der „vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Kaufsache muss zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs den subjektiven Anforderungen entsprechen (§ 434 Abs. 1 BGB). Hierzu gehört die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Anhaltspunkte zur Bestimmung der Beschaffenheit ergeben sich aus § 434 Abs. 2 S. 2 BGB. Eine Vereinbarung liegt vor, wenn der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. K und V haben keine bestimmte Beschaffenheit vereinbart. § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.
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2. Der VW Golf hat einen Sachmangel, da ihm die Eignung für die „im Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ fehlt (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Auf eine nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB) kommt es an, wenn keine Beschaffenheit vereinbart ist (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). In beiden Fällen handelt es sich um ein subjektives Kriterium. Für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung genügt eine konkludente Übereinstimmung der Parteien. V und K werden unterstellt haben, dass sich der Golf zur Verwendung als Fortbewegungsmittel eignet. Das tut er. § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB a.F.

3. Der VW Golf hat einen Sachmangel, wenn er zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht den objektiven Anforderungen genügt (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 BGB).

Ja!

Die objektiven Anforderungen ergeben sich im Einzelnen aus § 434 Abs. 3 BGB. Die Sache muss: sich für die gewöhnliche Verwendung eignen (Nr. 1); der üblichen und erwartbaren Beschaffenheit entsprechen (Nr. 2); den bereitgestellten Proben oder Muster entsprechen (Nr. 3); mit dem erwartbaren Zubehör übergeben werden (Nr. 4).Im Gegensatz zum alten Kaufrecht normiert § 434 Abs. 1 BGB einen Gleichrang zwischen subjektiven und objektiven Anforderungen. Im Ergebnis hat die vereinbarte Beschaffenheit dennoch Vorrang. Denn nach § 434 Abs. 3 S. 1 BGB kommt es auf die objektiven Anforderungen nur an „soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde.“

4. Der VW Golf hat einen Sachmangel, da ihm die Eignung für die „gewöhnliche Verwendung“ fehlt (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Die gewöhnliche Verwendung ist aus der Art der Sache abzuleiten und aus den Verkehrskreisen denen der Käufer angehört. BGH: Für die gewöhnliche Verwendung geeignet sei ein Fahrzeug nur, wenn es eine Beschaffenheit aufweise, die weder seine weitere Zulassung zum Straßenverkehr hindere noch ansonsten seine Gebrauchsfähigkeit aufhebe oder beeinträchtige. Sei in einem Fahrzeug eine unzulässige Abgas-Manipulationssoftware installiert, bestehe die Gefahr der Betriebsuntersagung und der Käufer müsse jederzeit mit einer Nutzungsuntersagung (nach § 5 Abs. 1 FZV) rechnen. Infolge dieser Gefahr sei das Fahrzeug nicht als für die gewöhnliche Verwendung geeignet anzusehen (BGH, RdNr. 4 ff., 23)Die Entscheidung erging noch unter Geltung des bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB a.F. (jetzt: § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 + 2 BGB).
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