Eignung zur gewöhnlichen Verwendung und übliche Beschaffenheit – Sachmangel nach § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 BGB


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Neues Kaufrecht 2022

K kauft bei BMW einen neuen X3. Der X3 fordert K wiederholt auf, anzuhalten, um die Kupplung zu kühlen. Der Hinweis ist serienmäßig, aber falsch: Die Kupplung kühlt auch bei Weiterfahrt. BMW rät K, er solle den Hinweis ignorieren.

Einordnung des Falls

Eignung zur gewöhnlichen Verwendung und übliche Beschaffenheit – Sachmangel nach § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ks BMW X3 ist mangelhaft, weil er von der„vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Kaufsache muss zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs den subjektiven Anforderungen entsprechen (§ 434 Abs. 1 BGB). Hierzu gehört die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Anhaltspunkte zur Bestimmung der Beschaffenheit ergeben sich aus § 434 Abs. 2 S. 2 BGB. Eine Vereinbarung liegt vor, wenn der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. BMW und K haben weder ausdrücklich noch konkludent eine bestimmte vertragliche Vereinbarung getroffen. § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.

2. Der BMW X3 ist mangelhaft, da ihm die Eignung für die „im Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ fehlt (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Auf eine nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB) kommt es an, wenn keine Beschaffenheit vereinbart ist (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). In beiden Fällen handelt es sich um ein subjektives Kriterium. Mit der Vorschrift wird berücksichtigt, dass sich die Parteivorstellungen oft nicht auf bestimmte Beschaffenheiten, sondern auf die Tauglichkeit für einen bestimmten Verwendungszweck richten. Vertraglich vorausgesetzt ist die von beiden Parteien unterstellte Verwendung der Sache. BMW und K werden stillschweigend unterstellt haben, dass sich der X3 zur Verwendung als Fortbewegungsmittel eignet. Das tut er.§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB a.F.

3. Der BMW X3 eignet sich für die „gewöhnliche Verwendung“ (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB).

Nein!

Die gewöhnliche Verwendung ist aus der Art der Sache abzuleiten und aus den Verkehrskreisen denen der Käufer angehört. Für die gewöhnliche Verwendung geeignet ist ein Fahrzeug nur, wenn es eine Beschaffenheit aufweist, die seine Gebrauchsfähigkeit weder aufhebt noch beeinträchtigt.BGH: Die Aufforderung, ohne objektiv gegebenen Anlass anzuhalten, beeinträchtige die Gebrauchsfähigkeit als Fortbewegungsmittel (RdNr. 28ff.).Die Entscheidung erging noch unter Geltung des bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB a.F. (jetzt: § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 + 2 BGB).

4. Der BMW X3 weist eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die K nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Welche Beschaffenheit der Käufer erwarten kann, bestimmt sich nach dem Erwartungshorizont eines Durchschnittskäufers. Dabei sind auch Werbeaussagen oder andere öffentliche Aussagen des Verkäufers und Herstellers zu berücksichtigen (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2b BGB.). BGH: Unter Heranziehung eines herstellerübergreifenden Vergleichsmaßstabs weise der BMW nicht die Beschaffenheit auf, die bei gleichartigen Autos üblich sei und die Käufer erwarten könnten. Dass der Fehler in der gesamten Serie auftrete, ändere nichts daran, dass es ein Fehler ist (RdNr. 28ff.).§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2b BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 3 BGB a.F.

5. Der Sachmangel entfällt durch die Mitteilung von BMW, dass die Warnmeldung ignoriert werden könne.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Die „bloß verbale Richtigstellung“ durch BMW ändere nichts an dem Umstand, dass das Fahrzeug des K bei Gefahrübergang der nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. erforderlichen Sollbeschaffenheit (nämlich der Lieferung eines Fahrzeugs ohne Einblendung irreführender Warnmeldungen) nicht entsprochen habe. Maßstab sei insoweit die „objektiv berechtigte Käufererwartung“ (RdNr. 36).Die Entscheidung erging noch unter Geltung des bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB a.F. (jetzt: § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 + 2 BGB).

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