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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Student S hat in der Zeitung sein Traumauto entdeckt und möchte es kaufen. Leider gibt der Verkäufer in der Anzeige an, nur an "gewerbliche Kunden (Kaufleute)" zu verkaufen. Kurzerhand verfasst S ein schriftliches Kaufangebot, in dem er sich im Briefkopf als eingetragener Kaufmann (e.K.) ausgibt. Der Vertrag kommt zustande.

Einordnung des Falls

Kaufmann kraft Rechtsschein

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nichtkaufleute, die wie ein Kaufmann auftreten, sind unter Umständen wie ein Kaufmann zu behandeln.

Ja, in der Tat!

Wenn ein Nichtkaufmann durch sein Auftreten im Rechts- und Geschäftsverkehr den Anschein erweckt, Kaufmann zu sein, muss er sich gutgläubigen Dritten gegenüber als Kaufmann behandeln lassen (Lehre vom „Scheinkaufmann“). Voraussetzung ist, dass er (1) einen objektiven Rechtsschein der Kaufmannseigenschaft (2) zurechenbar gesetzt hat und ein Dritter in seinem (3) schutzwürdigen Vertrauen auf den Rechtsschein (4) Dispositionen getroffen hat.

2. S ist Kaufmann.

Nein!

Scheinkaufmann kann nur sein, wer nicht schon nach § 1-6 HGB Kaufmann ist. Eine natürliche Einzelperson ist Kaufmann, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB) oder als Gewerbetreibende im Handelsregister eingetragen ist (§ 2, 3 und 5 HGB). S ist Student. Er betreibt kein Gewerbe und ist auch nicht im Handelsregister eingetragen.

3. S hat den Rechtsschein gesetzt, er sei Kaufmann.

Genau, so ist das!

Ein objektiver Rechtsschein für die Kaufmannseigenschaft wird durch Auftreten nach außen gesetzt, durch welches bei Dritten der Eindruck erweckt wird, der Handelnde sei Kaufmann. Dies kann durch ausdrückliche oder konkludente Erklärungen, die Verwendung kaufmännischer Rechtsinstitute (beispielsweise die Erteilung von Prokura, § 48 HGB) oder tatsächliches Verhalten erfolgen. Die Bezeichnung als eingetragener Kaufmann (e. K.) sowie der Gebrauch der auf eine Handelsgesellschaft hindeutenden Rechtsformzusätze wie OHG, KG, GmbH oder AG können einen solchen Rechtsschein erzeugen. S hat auf dem Briefkopf seines Angebotsschreibens durch die Bezeichnung als eingetragener Kaufmann (§ 19 Abs. 1 HGB) ausdrücklich erklärt, Kaufmann zu sein.

4. S hat den Rechtsschein, Kaufmann zu sein, zurechenbar gesetzt.

Ja, in der Tat!

Der durch das kaufmännische Auftreten objektiv gesetzte Rechtsschein muss demjenigen zuzurechnen sein, der als Scheinkaufmann behandelt werden soll. Das ist der Fall, wenn er den Rechtsschein durch eigenes Verhalten veranlasst hat. Das Verhalten eines Dritten wird ihm zugerechnet, wenn er den durch diesen gesetzten Rechtsschein erkannt und trotzdem geduldet hat, oder wenn er die Entstehung des Rechtsscheins hätte erkennen und verhindern können. S hat selbst ausdrücklich erklärt, Kaufmann zu sein.

5. Der Verkäufer des Autos ist in seinem Vertrauen an die Kaufmannseigenschaft des S schutzwürdig.

Ja!

Der Dritte ist in seinem Vertrauen in die Kaufmannseigenschaft schutzwürdig, wenn er diesbezüglich gutgläubig ist. Er darf also weder die fehlende Kaufmannseigenschaft kennen noch grob fahrlässig darüber in Unkenntnis sein. Nach der Rechtsprechung besteht dabei keine Nachforschungsobliegenheit oder -pflicht des Dritten. Der Autoverkäufer wusste nicht, dass S kein Kaufmann ist. Es haben sich auch keine Umstände ergeben, die auf das Nichtvorliegen der Kaufmannseigenschaft hindeuten.

6. Das Vertrauen des Verkäufers auf die Kaufmannseigenschaft ist kausal für eine von ihm getroffene geschäftliche Disposition.

Genau, so ist das!

Der Dritte muss im Vertrauen auf die Kaufmannseigenschaft zu rechtsgeschäftlichen oder tatsächlichen Dispositionen veranlasst worden sein. Dabei kann es sich um ein Tun (beispielsweise Vertragsschluss) oder Unterlassen (etwa Verzicht auf Beweissicherung im Vertrauen auf die Rügeobliegenheit) handeln. Es genügt, wenn der Dritte davon ausgeht, es sei alles in Ordnung und bei Kenntnis des wahren Sachverhalts mit einer anderen Entscheidung zu rechnen wäre. Der Verkäufer gab an, nur an "gewerbliche Kunden (Kaufleute)" zu verkaufen. Es davon auszugehen, dass er den Vertragsschluss nicht eingegangen wäre, wenn er gewusst hätte, dass S kein Kaufmann ist.

7. S muss sich gegenüber dem Verkäufer als Kaufmann behandeln lassen.

Ja, in der Tat!

Sind die Voraussetzungen des Scheinkaufmanns erfüllt, muss dieser sich gutgläubigen Dritten gegenüber als Kaufmann behandeln lassen (Lehre vom „Scheinkaufmann“). Die auf Kaufleute anzuwendenden Vorschriften gelten dann jedoch nur zugunsten des Dritten und zulasten des Scheinkaufmanns, nicht zu dessen Gunsten. Diese Wirkung ist auf das Verhältnis zum gutgläubigen Dritten beschränkt. Dem Dritten steht ein Wahlrecht zu: Statt sich auf den Rechtsschein zu berufen, kann er den Scheinkaufmann auch als Nichtkaufmann behandeln.

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