Stellenanzeige – Verstärkung junges Team
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Barkeeperin B braucht für ihre Kneipe "Zur letzten Instanz" Personal. Über einen Aushang in der Uni sucht sie "Verstärkung für ihr junges Team". Als sich der 48-jährige Langzeitstudent L meldet, lehnt B ihn ab.
Einordnung des Falls
Stellenanzeige – Verstärkung junges Team
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Parteien im Zivilrecht sind grundsätzlich frei, mit wem sie Verträge eingehen.
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Ja!
2. Wird die Abschlussfreiheit grenzenlos gewährt?
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. Unterliegt B bei der Einstellung von Personal den Vorschriften des AGG?
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Ja, in der Tat!
4. Wenn B den L aufgrund seines Alters nicht eingestellt hat, liegt darin eine unmittelbare Benachteiligung wegen seines Alters (§ 3 Abs. 1, 1 Abs. 1 AGG).
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Ja!
5. Bs Stellenanzeige indiziert eine Benachteiligung des Ls wegen seines Alters. B muss deshalb beweisen, dass keine ungerechtfertige Benachteiligung vorliegt (§ 22 AGG).
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Genau, so ist das!
6. Kann L die B gerichtlich dazu zwingen ihn einzustellen, wenn die Ablehnung seiner Bewerbung gegen das Benachteiligungsverbot verstößt (§ 7 AGG)?
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Nein, das trifft nicht zu!
7. Es hat also keine Konsequenzen, wenn B den L wegen seines Alters abgelehnt hat.
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Nein!
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frausummer
25.5.2022, 11:45:17
Mich würde interessiere, wie sich die Beweislastumkehr in der Praxis darstellt. Genügt bei der Stellenausschreibung sowie beim Vorstellungsgespräch nicht bereits, dass eine nicht gerechtfertigte (Alters-)Diskriminierung vorliegt, der Bewerber sich ernsthaft beworben und nicht offensichtlich ungeeignet ist? Selbst wenn dem Bewerber dann irgendwas zur Eignung fehlt, hat der AG doch immer noch diskriminiert, oder?
Lukas_Mengestu
31.5.2022, 23:56:25
Hallo frausummer, vielen Dank für Deine Nachfrage! Ob die Ablehnung eine Diskriminierung darstellt oder nicht, ist in der Praxis die entscheidende Frage. Hierfür ist im Grundsatz der Bewerber darlegungs- und beweispflichtig. In der Regel erfährt er aber nicht, warum er abgelehnt wurde. Eine entsprechende Begründungspflicht gibt es nicht. Die Regelungen des AGG liefen damit regelmäßig leer. Allein der Umstand, dass jemand jüngeres eingestellt wurde, stellt für sich noch keinen hinreichendes Indiz einer Altersdiskriminierung dar. An dieser Stelle kommt nun die Stellenausschreibung ins Spiel. Wird in diskriminerender Weise die Stelle ausgeschrieben und der Bewerber dann nicht genommen, so liegt es am Arbeitgeber den Beweis anzutreten, dass er nicht diskriminiert hat. Dies wird ihm aber nur gelingen, wenn er sachliche Gründe dafür darlegen und beweisen kann, die für den bevorzugten Kandidaten sprechen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Juliaa
14.1.2024, 19:36:53
Ich habe eine Entscheidung vom BAG (BAG 23.11.2017 – 8 AZR 604/16) gefunden, in der es heißt, die Bezeichnung als “junges, dynamisches Unternehmen” stelle eine unternehmensbezogene Information dar, die sich nicht auf die Belegschaft oder die erwünschten Bewerber bezieht und deshalb keinen AGG Anspruch begründet. Heißt das, dass ich mein Unternehmen in der Stellenanzeige als jung und dynamisch bezeichnen darf und nur mein Team nicht? 😅
Juliaa
14.1.2024, 19:37:55
Theoretisch kann doch beides als Info über das Unternehmen gelesen werden
Laura
18.3.2024, 09:11:30
Soweit ich weiß ist diese Entscheidung eine überraschende Ausnahme gewesen. In dem Fall hat das Unternehmen plausibel dargelegt, dass sich die Bezeichnung wirklich nur auf das Unternehmen bezieht. Die Anforderungen an den Bewerber wurden in der weiteren Stellenausschreibungen ohne Diskriminierung dargelegt das mit dem „jungen Unternehmen“ war nur ein Einleitungsatz am Anfang. Generell ist das BAG aber bei solchen Formeln streng.