Referendariat

Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Begründetheit I: Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen

Sachliche Zuständigkeit - Entscheidung durch ein niederrangiges Gericht

Sachliche Zuständigkeit - Entscheidung durch ein niederrangiges Gericht

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Amtsgericht angeklagt. Der Vorsitzende erwartet eine Strafe von unter vier Jahren. A wird schließlich zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. A geht in Revision mit dem Argument, das Amtsgericht habe eine so hohe Strafe gar nicht verhängen dürfen.

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Einordnung des Falls

Sachliche Zuständigkeit - Entscheidung durch ein niederrangiges Gericht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Vorliegen der sachlichen Zuständigkeit ist eine Verfahrensvoraussetzung (§ 6 StPO).

Genau, so ist das!

Nach § 6 StPO ist die sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Bei sachlicher Unzuständigkeit darf keine Sachentscheidung ergehen. Daraus leitet man her, dass die sachliche Zuständigkeit eine Verfahrensvoraussetzung ist.Achtung: Entgegen des missverständlichen Wortlauts handelt es sich bei der sachlichen Zuständigkeit also nicht um einen absoluten Revisionsgrund (§§ 337, 338 Nr. 4 StPO), sondern ist bereits bei den von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen!
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2. Das Amtsgericht war vorliegend sachlich zuständig.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Amtsgericht ist für Strafsachen zuständig, bei denen die zu erwartenden Strafe vier Jahre nicht übersteigt (§ 24 Abs. 1 Nr. 2, § 74 Abs. 1 S. 1 GVG). Für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit kommt es darauf an, ob das Tatgericht nach den Urteilsfeststellungen bei zutreffender Beurteilung der Tat zuständig war. Stellt sich während des Hauptverfahrens heraus, dass ein Gericht höherer Ordnung zuständig ist, ist die Sache an dieses abzugeben (§ 209 Abs. 2 StPO, § 225a Abs. 2 StPO, § 270 Abs. 1 StPO). Da A zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde, war nach den Urteilsfeststellungen bei zutreffender Würdigung der Sache das Landgericht sachlich zuständig. Das Amtsgericht hätte die Sache also an das zuständige Landgericht verweisen müssen.

3. Das Revisionsgericht hebt das Urteil auf und stellt das Verfahren ein.

Nein!

Hat das erstinstanzliche Gericht seine sachliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen, hebt das Revisionsgericht das Urteil auf und verweist die Sache an das zuständige Gericht (§ 355 StPO). Dies verhilft dem Anspruch des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) in vereinfachter Weise zur Geltung. Der Tenor könnte dann etwa lauten: „Das Urteil des Amtsgerichts Aachen, Az. 1 Ls 304 Js 247/23, vom 18.07.2023 wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine Strafkammer des Landgerichts Aachens zurückverwiesen“.
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