Referendariat

Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Begründetheit I: Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen

Sachliche Zuständigkeit - Entscheidung durch ein höherrangiges Gericht

Sachliche Zuständigkeit - Entscheidung durch ein höherrangiges Gericht

6. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wurde wegen gewerbsmäßigen Betruges in zehn Fällen (§ 263 Abs. 1, 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB) vor dem Landgericht angeklagt. Nach einer Straferwartung von fünf Jahren wurden drei von zehn Taten eingestellt und A zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. A rügt mit der Revision die fehlende Zuständigkeit.

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Einordnung des Falls

Sachliche Zuständigkeit - Entscheidung durch ein höherrangiges Gericht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Landgericht ist bei einer Straferwartung über vier Jahren sachlich zuständig (§ 74 Abs. 1 GVG).

Genau, so ist das!

Das Landgericht ist sachlich zuständig, wenn die Straferwartung vier Jahre übersteigt (§ 74 Abs. 1 GVG). Für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit kommt es darauf an, ob der Tatrichter nach den Urteilsfeststellungen bei zutreffender Beurteilung der Tat zuständig war.
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2. Muss das Landgericht an ein Gericht niederer Ordnung verweisen, wenn sich erst im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass die zu verhängende Strafe bei maximal vier Jahren liegen wird?

Nein, das trifft nicht zu!

Zwar liegt die sachliche Zuständigkeit beim Amtsgericht, wenn die Straferwartung bei Eröffnung des Verfahrens bei höchstens vier Jahren liegt (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Während des Hauptverfahrens ist eine Verweisung nur an ein Gericht höherer Ordnung möglich (§ 269 StPO, § 225a Abs. 1 StPO, § 270 Abs. 1 StPO). Aus Gründen der Prozessökonomie ist die Zuständigkeit von Gerichten niedrigerer Ordnung von der Zuständigkeit der Gerichte höherer Ordnung umfasst. Das Landgericht muss deshalb das Verfahren nicht verweisen, auch wenn die ursprünglich prognostizierte Straferwartung unterschritten wird. Merke: Durch ein „Hinaufheben“ des Verfahrens vor ein höherrangiges Gericht ist der Angeklagte nicht beschwert.

3. War das Landgericht aber sachlich unzuständig, da es seine Zuständigkeit zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses objektiv willkürlich annahm?

Nein!

Das Landgericht ist ausnahmsweise dann unzuständig, wenn es seine Zuständigkeit bei der Eröffnungsentscheidung objektiv willkürlich angenommen hat. Denn in diesem Fall wiegt der Eingriff in das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 GG) so schwer, dass die Prozessökonomie zurücktritt. Willkür liegt vor, wenn die Annahme der Zuständigkeit nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist, oder wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Die Straferwartung des Landgerichts lag unter Berücksichtigung des Strafrahmens und der Anzahl der Taten nachvollziehbar bei fünf Jahren. Es war nicht objektiv willkürlich, die eigene Zuständigkeit anzunehmen. Dass sich die Straferwartung später änderte, hat hierauf keinen Einfluss.

4. Das Revisionsgericht hebt das Urteil auf und verweist das Verfahren an das zuständige Gericht zurück (§ 355 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

War das Gericht, das das Urteil gefällt hat, sachlich unzuständig, fehlt eine Verfahrensvoraussetzung. Das Revisionsgericht hebt dann das Urteil auf und verweist die Sache an das zuständige Gericht zurück (§ 355 StPO). Das Landgericht hat als höherrangiges Gericht entschieden. Eine Verweisung an ein Gericht niedrigerer Ordnung war nicht nötig. Insbesondere hatte das Landgericht seine Zuständigkeit nicht willkürlich angenommen. Damit lag die Verfahrensvoraussetzung der sachlichen Zuständigkeit vor. Die Revision hat also keinen Erfolg.
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