Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Gesetzgebungsverfahren

Gesetzesinitiative durch Bundesrat (Art. 76 Abs. 1 Var. 3, Abs. 3 S. 1 GG)

Gesetzesinitiative durch Bundesrat (Art. 76 Abs. 1 Var. 3, Abs. 3 S. 1 GG)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Bundesrat will das von der Bundesregierung gesparte Geld in den innerdeutschen Schienenverkehr (Art. 73 Abs. 1 Nr. 6a GG) stecken. Er leitet der Bundesregierung eine als „Bessere-Bahn-Gesetz“ bezeichnete Gesetzesvorlage zu. Die Bundesregierung leitet sie nach fünf Wochen dem Bundestag zu.

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Einordnung des Falls

Gesetzesinitiative durch Bundesrat (Art. 76 Abs. 1 Var. 3, Abs. 3 S. 1 GG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Bundesrat hat die Gesetzgebungskompetenz, um das „Bessere-Bahn-Gesetz“ beim Bundestag einzubringen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Gesetzgebungskompetenzen beziehen sich immer nur auf die Verbandskompetenz (Bund oder Land), nicht auf die Organkompetenz (z.B. Bundesregierung, Bundesrat oder Landesregierung). Hier ist nur danach zu fragen, ob der Bund (nicht der Bundesrat!) die Gesetzgebungskompetenz hat. Der Bundesrat kann keine Gesetzgebungskompetenz innehaben (vgl. Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG). Der Bund hat nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 6a GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für das „Bessere-Bahn-Gesetz“. Die Fragen nach der Gesetzgebungskompetenz (Art. 70-74 GG) und nach der Initiativberechtigung (Art. 76 Abs. 1 GG) müssen streng voneinander getrennt werden! Dieser Fehler kann hier durch enge Arbeit am Gesetz unter der Verwendung von Normzitaten einfach vermieden werden.
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2. Der Bundesrat ist nach Art. 76 Abs. 1 GG initiativberechtigt.

Ja!

Gesetzesvorlagen können vom Bundesrat eingebracht werden (Art. 76 Abs. 1 Var. 3 GG). Der Bundesrat ist nach Art. 76 Abs. 1 Var. 3 GG berechtigt, die Gesetzesvorlage beim Bundestag einzubringen. Der Bundesrat nutzt sein Initiativrecht in der Praxis mit Abstand am Seltensten.

3. Der Bundesrat darf nur Gesetzesinitiativen einbringen, die in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Bundesrat besteht zwar aus Mitgliedern der Regierungen der Länder (Art. 51 Abs. 1 S. 1 GG). Dennoch ist der Bundesrat immer noch ein oberstes Bundesorgan und gehört somit zum Verband „Bund“ im Sinne des Art 70-74 GG. kann der Bundesrat sich bei der Ausübung des Gesetzesinitiativrechts (nur) auf die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes stützen.

4. Zu einem Beschluss des Bundesrates über die Einbringung der Gesetzesvorlage beim Bundestag ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich (Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG).

Nein, das trifft nicht zu!

Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG regelt die Beschlussmehrheit des Bundestages, nicht des Bundesrates.

5. Der Bundesrat fasst den Beschluss zur Einbringung der Gesetzesinitiative mit mindestens der Mehrheit seiner Stimmen (Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG).

Ja!

Für einen Beschluss des Bundesrates bedarf es grundsätzlich der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates (Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG). Die Einbringung einer Gesetzesvorlage ist ein solcher Beschluss.

6. Der Bundesrat darf seine Gesetzesvorlagen unmittelbar beim Bundestag einbringen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Gesetzesvorlagen des Bundesrates müssen dem Bundestag über die Bundesregierung zugeleitet werden (Art. 76 Abs. 3 S. 1 GG). Das heißt, er richtet die Gesetzesvorlage zunächst an die Bundesregierung. Die Bundesregierung leitet diese Gesetzesvorlage dann dem Bundestag zu. Die Bundesregierung „soll“ dabei ihre Auffassung zur Gesetzesvorlage darlegen (Art. 76 Abs. 3 S. 2 GG). Das heißt, dass die Bundesregierung sich im Regelfall zur Gesetzesvorlage zu äußern hat. Anders ist dies für den Bundesrat bei Gesetzesvorlagen der Bundesregierung: Hier kann der Bundesrat frei entscheiden, ob er eine Stellungnahme abgibt („ist berechtigt“, Art. 76 Abs. 2 S. 2 GG).

7. Die Bundesregierung hat die Gesetzesvorlage fristgemäß dem Bundestag zugeleitet.

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich beträgt die Frist zur Zuleitung an den Bundestag sechs Wochen (Art. 76 Abs. 3 S. 1 GG). Diese Frist kann sich unter den Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 3 S. 3-5 GG auf drei Wochen verkürzen oder neun Wochen verlängern. Die Bundesregierung leitet die Gesetzesvorlage nach fünf Wochen dem Bundestag zu.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FRED

Freddy

3.2.2024, 14:56:57

In der Aufgabe wird die Antwort, dass die Bundesregierung die Vorlage fristgemäß weitergeleitet hat als richtig bewertet. In der Aufgabe steht: Die Bundesregierung leitet sie *nach* sechs Wochen dem Bundestag zu. Art 76 III 1 GG: Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Nach meinem Verständnis von "innerhalb" muss das Gesetz also vor Ablauf der 6 Wochen weitergeleitet werden. Sobald also 6 Wochen verstrichen sind, ist die Frist abgelaufen. Im Sachverhslt geschieht die Weiterleitung "nach" 6 Wochen. Darunter verstehe ich, dass die 6 Wochen schon vorbei sind, sonst wäre "während der 6 Wochen" oder "vor Ablauf der 6 Wochen" passender.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

4.2.2024, 16:00:45

Hallo Freddy, danke für den Hinweis. Wir haben es nun umformuliert, sodass es nun eindeutig ist :) Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Natze

Natze

14.2.2024, 18:33:30

was ist der Sinn der Zuleitung über die BReg? Wird hierdurch die BReg beteiligt (indem sie durch eigenen Beschluss Stellung nehmen kann, um die Weiterleitungspflicht zu verhindern?) oder dient sie lediglich als Information für die BReg?


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