Zivilrecht
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Klassiker im Zivilrecht
Erlös für die unberechtigte Untervermietung
Erlös für die unberechtigte Untervermietung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V vermietet M ab 1.5.2021 eine Wohnung am Bodensee. Da M diese nur am Wochenende braucht, beschließt er - ohne V zu informieren - sie unter der Woche unterzuvermieten. Als V davon erfährt, fordert er M unter Androhung der fristlosen Kündigung auf, dies zu unterlassen. M setzt die Vermietung dennoch fort. Daraufhin kündigt V unter Verweis darauf außerordentlich mit Schreiben vom 31.07.2021. V verlangt von M den erzielten Untermietzins von insgesamt €4.500.
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Einordnung des Falls
Erlös für die unberechtigte Untervermietung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 13 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V könnte gegen M einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von €4.500 aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB haben.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. M hat durch die unberechtigte Untervermietung eine Pflicht aus dem Mietverhältnis verletzt (§ 540 BGB). Diese Pflichtverletzung hat M auch zu vertreten.
Ja, in der Tat!
3. V ist durch die Untervermietung ein Schaden entstanden. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflichten aus dem Mietverhältnis (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) besteht.
Nein!
4. Es kommt ein Anspruch auf Ersatz der Nutzungen aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (EBV) in Betracht (§§ 987, 990, 99 Abs. 3 BGB).
Genau, so ist das!
5. Zwischen V und M liegt eine Vindikationslage vor (vgl. §§ 985, 986 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
6. Es kommt ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus angemaßter Geschäftsführung in Betracht (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 1, 667 BGB).
Ja!
7. Die Untervermietung stellt eine rechtsgeschäftliche Verfügung i.S.d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB dar.
Nein, das ist nicht der Fall!
8. V kann die Herausgabe des Untermietzinses aber nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB analog von M verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
9. V könnte einen Anspruch auf Herausgabe des Untermietzinses aus allgemeiner Eingriffskondiktion haben (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).
Ja!
10. M hat den Untermietzins auf Kosten des V erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
11. Die Untervermietung stellt aber eine Eigentumsverletzung dar, sodass V den Erlös aus § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.
Nein, das trifft nicht zu!
12. V steht kein Anspruch auf Herausgabe des Untermietzinses zu.
Ja!
13. Es liegt ein fremdes Geschäft i.S.d. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 1, 667 BGB vor.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
frausummer
2.8.2022, 08:42:47
Wenn die Mieterin einen Anspruch auf Untervermietung eines Teils ihrer Wohnung bei berechtigtem Interesse ggü. der Vermieterin hat, wie stellt sich der Anspruch bei einem WG- Zimmer oder einer 1-Raumwohnung dar? Da lässt sich ja nicht nur ein Teil vermieten.
Lukas_Mengestu
2.8.2022, 16:21:28
Hallo frausummer, bei einer 1-Raumwohnung besteht dieser Anspruch schlicht nicht, da es eben nicht möglich ist einen Teil der Wohnung separat einem Untermieter zu überlassen. Für die Untermiete während der Semesterferien bedarf es also der Zustimmung des Vermieters (§ 540 Abs. 1 BGB). Auf diese besteht kein Anspruch, allenfalls kann die Verweigerung ein außerordentliches Kündigungsrecht begründen. Bei WGs ist die Lage etwas komplizierter, je nachdem wie die genaue Vertragsgestaltung aussieht. Sind alle Mitglieder gleichberechtigte Hauptmieter, so wird die gesamte Wohnung gemietet, sodass die Vermietung des einzelnen Zimmers durchaus nur einen Wohnungsteil darstellt. Haben die einzelnen Mitglieder dagegen gesonderte Verträge mit dem Vermieter, so liegt die gleiche Sachlage vor, wie bei der 1-Raumwohnung. Auch hier bedarf es also der Erlaubnis des Vermieters. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team (P.S.: erst kürzlich erging auch eine spannende Entscheidung des BGH zur Frage, inwiefern Vermieter dem Austausch von WG-Mitgliedern zustimmen müssen (BGH NJW 2022, 2030). Ohne mietvertragliche Abrede besteht auch hierauf kein Anspruch. Ausnahme: im Einzelfall ist bereits bei Abschluss des Mietvertrages ersichtllich, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Änderungsbedarf ergibt, sodass eine
konkludente Abrede vorliegt (ggfs bei Studenten-WGs)).
Vanilla Latte
4.6.2024, 02:23:42
Hallo, bitte neuere BGH RSP beachten. 1 Raumwohnungen können wirksam untervermietet werden.
IsiRider
2.8.2022, 12:32:33
Gerne mehr von den Klassikern! ☺
cjackson94
5.11.2022, 08:34:26
Müsste bei der Prüfung von §§989,990 BGB nicht über den Nicht-so-Berechtigten-Besitzer und die Anwendbarkeit des EBV gesprochen werden?
Nora Mommsen
11.11.2022, 13:33:07
Hallo cjackson94, danke für deine Nachfrage. Dies ist durchaus möglich, aber nicht zwingend. Vielmehr ist es überzeugend die Figur des nicht-so-berechtigen-Besitzers abzulehnen. Dies kann unter anderem mit dem Argument erfolgen, dass dadurch besondere
Haftungsprivilegierungen des berechtigten Besitzers unterlaufen werden. Dann kann man in der Klausur, insbesondere bei Zeitnot darauf verzichten diese Figur zu diskutieren. Zur Anwendbarkeit lässt sich folgendes sagen: zum streitigen Punkt kommt man aber beim Prüfungspunkt
Vindikationslagesowieso, nämlich dass M eben kein Besitzer ohne
Besitzrechtist. An dieser Stelle liegt es dann nahe, die Figur des nicht-so-berechtigten Besitzers aufzuwerfen, wenn man möchte. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Paul Coy
1.2.2023, 13:34:08
Könnte ein Schadensersatzanspruch nach §§280 I, 241 II BGB nicht durch erhöhte Abnutzung der
Mietsachedurch Untervermietung begründet sein?
Paul Coy
1.2.2023, 18:03:16
Bzw. ebenso andere SchaE-Ansprüche… Oder muss das im Sachverhalt konkret erwähnt werden? Eine Abnutzung ist bei Nutzung der Wohnung (statt Leerstand unter der Woche) ja denklogisch gegeben, oder nicht? Eine (wenn auch minimale) Wertminderung könnte dann den Schaden darstellen.
Nora Mommsen
4.2.2023, 09:33:52
Hallo Paul Coy, willkommen im Jurafuchs-Forum! Ein Schadensersatzanspruch setzt natürlich immer einen Schaden voraus. Zum Einen ist es natürlich eine Beweisproblematik, dass eine erhöhte Abnutzung erfolgt ist. Zum Anderen ist es schwierig zu argumentieren, dass es einen Schaden darstellt, wenn eine für alle Tage der Woche vermietete Wohnung tatsächlich entsprechend genutzt wird. Er bekommt ja gerade auch die Miete für die gesamte Woche und nicht reduziert, weil M die Wohnung tatsächlich nur wenige Tage nutzen will. Aus diesem Grund ist die Annahme eines Schadens hier fernliegend. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Nils
30.9.2024, 03:24:20
Nach § 553 Abs. 2 BGB kann der Vermieter seine Erlaubnis davon abhängig machen, dass der Mieter sich mit einer angemessenen Erhöhung der Miete einverstanden erklärt, allerdings nur dann, wenn die Untervermietung dem Vermieter sonst nicht zumutbar wäre. Da es sich hierbei um eine gesetzlich normierte Ausnahme handelt, muss der Vermieter überzeugende Gründe für die Mieterhöhung vorbringen. Nur in diesem Fall steht ihm ein sog. Untermietzuschlag zu.
Klima-Kleber
14.2.2023, 09:43:18
Es wird mE nicht ausreichend darauf eingegangen, weshalb der Anspruch aus §§ 687 II, 681 S. 2, 667 scheitert. I.E. liegt das sicher daran, dass die Untervermietung kein Geschäft des Vermieters darstellt. Es wäre schön, wenn dies hier hinreichend thematisiert würde.
Nora Mommsen
14.2.2023, 10:36:10
Hallo Klima-Kleber, danke dir für die Rückmeldung. Wir haben diese Anspruchsprüfung nun etwas erweitert, sodass auch klar ist wieso der Anspruch scheitert. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kimk
11.8.2023, 13:52:30
Weshalb wird die
Eingriffskondiktionhier nicht bereits mit dem Verweis auf den
Vorrang der Leistungskondiktionabgelehnt?
Vanilla Latte
4.6.2024, 02:22:01
Frage ich mich auch..
MenschlicherBriefkasten
12.12.2023, 13:53:41
Wäre die
Eingriffskondiktiondenn zu bejahen? Wenn die Untervermietung zu einem Zeitpunkt erfolgt wäre, zu dem das Mietverhältnis bereits wirksam beendet wurde?
Schwanzanwaltschaft
25.1.2024, 12:29:26
Ließe sich ein Anspruch auf Herausgabe des Untermietzins bei unberechtigter Untervermietung durch AGB regeln?
/qwas
13.2.2024, 14:41:48
Müsste eigentlich.
Nils
30.9.2024, 03:15:31
Wenn alle Ansprüche auf Herausgabe des Erlöses aus der Untermiete doch scheitern wäre eine solche Klausel in AGB für den Mieter vermutlich überraschend, nachteilig und damit schon unter Schutzgesichtspunkten wohl eher unwirksam.
kithorx
20.10.2024, 21:42:39
Interessanter Gedanke @[Nils](40945), wobei mich die Begründung spontan nicht überzeugt. Bei unerlaubter Untervermietung kann der Vermieter ja außerordentlich kündigen, was für mich zeigt, dass ein Mieter das Herausgabeverlangen sehr wohl zu erwarten hat. Außerdem ist eine Klausel ja nicht schon überraschend, weil sie von dem vom Gesetz Gewollten abweicht (sonst bräuchte es gar keine Vertragsrelegungen).
leftgod
10.2.2024, 10:52:06
iRd §§ 280, 241 II (§ 540 I) wird definiert, dass ein Schaden jede „Vermögenseinbuße“ sei. Dies ist falsch, da ein Schaden nach den §§ 249 ff. gerade jede unfreiwillige Einbuße an rechtlich geschützten Interessen (unabhängig ihres Vermögenswertes) ist. Insb. sind Nichtvermögensschäden auch voll restituierbar, lediglich die Entschädigung in Geld unterliegt Einschränkungen, § 253 I, II.