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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K erwirbt von V Eigentum an einem Hausgrundstück. V behält ein Wiederkaufsrecht für den Fall des Weiterverkaufes durch K. Der Anspruch wird durch eine Vormerkung gesichert. K veräußert das Hausgrundstück an G, was auch ins Grundbuch eingetragen wird. Daraufhin macht V von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch und verlangt von K Rückauflassung. Obwohl G davon weiß, lässt er für € 500 den intakten Gartenzaun grün streichen, wodurch dieser an Wert gewinnt.

Einordnung des Falls

Anwendbarkeit der §§ 985 ff. analog

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat Eigentum an dem Grundstück erworben.

Ja!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. K und G haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). G wurde ins Grundbuch eingetragen. In diesem Zeitpunkt bestand auch die Einigung fort. K war auch verfügungsbefugt.

2. V kann von K Rückauflassung des Grundstücks verlangen.

Genau, so ist das!

Die Vormerkung hat drei unterschiedliche Wirkungen: (1) Rangwirkung (§ 883 Abs. 3 BGB), (2) Sicherungswirkung (relative Unwirksamkeit vormerkungswidriger Verfügungen), (3) in bestimmten Fällen Vollwirkung (§ 106 InsO; § 884 BGB; § 48 ZVG). Die Verfügung des K an G ist gegenüber V relativ unwirksam, da hierdurch das durch die Vormerkung gesicherte Rückauflassungsanspruch gefährdet wäre (§ 883 Abs. 1 S. 1 BGB - Sicherungswirkung). Aufgrund der relativen Unwirksamkeit der vormerkungswidrigen Verfügung ist für V nach wie vor K Eigentümer. Der Eigentumsübergang auf G ist V gegenüber unwirksam. V kann also von K die Rückauflassung verlangen.

3. Für das Streichen des Zaunes kommen grundsätzlich Ansprüche des G gegen V nach dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in Betracht.

Ja, in der Tat!

Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 985 ff. BGB) regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Eigentümer und berechtigtem/unberechtigten Besitzer. Es enthält etwa den Herausgabeanspruch des Eigentümers, oder Ansprüche des Eigentümers auf Nutzungs-/Schadensersatz. Umgekehrt sind auch Ansprüche des Besitzers gegen den Eigentümer wegen getätigter Verwendungen auf die Sache denkbar. Die Ansprüche setzen voraus, dass eine Vindikationslage besteht, also eine Konstellation, bei der (1) ein Eigentümer einer Sache gegenüber einem (2) Besitzer, (3) der nicht zum Besitz berechtigt ist, einen Herausgabeanspruch in Bezug auf diese Sache hat (§§ 985, 986 BGB).

4. Die Regelungen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis sind unmittelbar anwendbar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Sämtliche Ansprüche aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis setzen das Bestehen einer Vindikationslage voraus, also eine Konstellation, bei der (1) ein Eigentümer einer Sache gegenüber einem (2) Besitzer, (3) der nicht zum Besitz berechtigt ist, einen Herausgabeanspruch in Bezug auf diese Sache hat (§§ 985, 986 BGB). V zwar ihr Wiederkaufsrecht ausgeübt. Bis zur Rückauflassung ist sie aber (noch) nicht Eigentümerin, weswegen es vorliegend bereits an einer entsprechenden Vindikationslage fehlt. Eine direkte Anwendung der Regelungen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis scheidet somit aus.

5. Die Regelungen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis sind analog anwendbar.

Ja, in der Tat!

Eine Analogie setzt stets eine planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage voraus. Für das Verhältnis zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber (G) und dem Vormerkungsberechtigten (V) fehlt es an hinreichenden gesetzlichen Regelungen. Insofern liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Auch besteht eine vergleichbare Interessenlage, da eine vindikationsähnliche Lage vorliegt. Dies rechtfertigt sich aus dem Gedanken, dass der Grundstückserwerber im Verhältnis zum Vormerkungsberechtigten nur Buchbesitzer ist, da der Erwerb gegenüber dem Vormerkungsberechtigten relativ unwirksam ist. Die Pflicht des Erwerbers zur Herausgabe des Buchbesitzes ist daher vergleichbar mit der Herausgabepflicht des unberechtigten Besitzers aus § 985 BGB.

6. G kann von V Ersatz der Streichkosten von € 500 verlangen, wenn die Voraussetzungen der Verwendungsersatzansprüche nach § 994 ff. analog vorliegen.

Ja!

Der Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 996 BGB setzt jeweils voraus: (1) Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung (§ 994 Abs. 1 S. 1 BGB) bzw. nützlichen Verwendung (§ 996 BGB), (3) zu einem Zeitpunkt a) vor Rechtshängigkeit der Herausgabeklage aus § 985 BGB, (b) vor Eintritt der Bösgläubigkeit.

7. Die Kosten für das Streichen des Zaunes stellen notwendige Verwendungen im Sinne von § 994 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Verwendungen sind Aufwendungen (=freiwillige Vermögensopfer) des Besitzers auf die Sache, um diese für die weitere Nutzung in ihrem Bestand zu erhalten oder zu verbessern, oder ihre Zweckbestimmung zu ändern. Zu den Verwendungen zählen sowohl Sach-als auch Geldleistungen. Notwendige Verwendungen (§ 994 BGB) sind solche, die zur Erhaltung der Sache für ihren normalen Betrieb und zu ihrer normalen Bewirtschaftung erforderlich sind und die der Eigentümer durch die Vornahme des Besitzers erspart hat. Die Kosten für das Streichen des Zaunes waren Aufwendungen des G. Diese waren allerdings nicht notwendig, da der Zaun intakt war.

8. Die Kosten für das Streichen des Zaunes stellen nach Ansicht des BGH nützliche Verwendungen im Sinne von § 996 BGB dar.

Ja, in der Tat!

Nützlich ist eine Verwendung auf eine Sache, die zwar nicht notwendig ist, aber ihren Wert objektiv erhöht oder ihre Gebrauchsfähigkeit steigert. Durch das Streichen wurde der Wert des Zaunes vorliegend erhöht. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht (subjektive Bestimmung) ist auf die Nützlichkeit für den Eigentümer abzustellen, also darauf, welchen Nutzen der konkrete Eigentümer daraus ziehen kann.

9. G kann von V Ersatz der Streichkosten von € 500 aus § 996 BGB analog fordern.

Nein!

Der Verwendungsersatzanspruch aus § 996 BGB setzt voraus : (1) Vindikationslage, (2) Vornahme einer nützlichen Verwendung, (3) zu einem Zeitpunkt a) vor Rechtshängigkeit der Herausgabeklage aus § 985 BGB, (b) vor Eintritt der Bösgläubigkeit. Es besteht eine vindikationsähnliche Lage. Bei dem Streichen des Zaunes handelt es sich auch um eine nützliche Verwendung. Da G Kenntnis von der Ausübung des Wiederkaufsrecht durch V hatte, durfte er seinem von K erlangten Besitzrecht nicht vertrauen, sondern war insoweit bösgläubig. Da er trotz dieses Wissens die Verwendung auf den Zaun tätigte, steht ihm kein Verwendungsersatzanspruch nach § 996 BGB zu.

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Ira

Ira

13.8.2021, 11:07:06

aus welchem § ergibt sich der Anspruch k gg v auf Rück

übereignung

?

Ira

Ira

13.8.2021, 11:07:34

ich meinten V gg K

Ferdinand

Ferdinand

13.8.2021, 11:37:39

§ 456 BGB regelt den Wiederkauf, aus dem sich hier der schuldrechtliche Anspruch auf Rück

übereignung

ergibt.

Ira

Ira

14.8.2021, 11:19:12

toll, danke!!

Julia Maxi

Julia Maxi

3.4.2022, 15:21:22

Wieso kann denn V von K Rückauflassung verlangen, wenn nicht mehr K sondern G zu dem Zeitpunkt Eigentümer ist? LG Julia

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.4.2022, 16:42:05

Hallo Julia, vielen Dank für die gute Frage. Die Sicherungswirkung der Vormerkung ist in der Tat etwas tricky! Hier hilft der Vergleich, wie die rechtliche Lage mit und ohne Vormerkung aussieht. Ohne Vormerkung hätte K durch die

Übereignung

an G die Verfügungsbefugnis über das Grundstück verloren. Dem Anspruch des V auf

Übereignung

des Grundstücks hätte K deshalb den Einwand der Unmöglichkeit entgegenhalten können (§ 275 Abs. 1 BGB). Dann wären allein Schadensersatzansprüche in Betracht gekommen. Die Vormerkung bewirkt nun aber, dass die Eigentumsübertragung an G im Verhältnis V-K relativ unwirksam ist. In diesem Verhältnis hat K also weiterhin die notwendige Verfügungsbefugnis über das Grundstück und kann insoweit die Auflassung erklären. Trotz der Zwischenverfügung kann V von K deshalb weiterhin die Rückauflassung verlangen. Eine Besonderheit besteht lediglich im Hinblick auf die Eintragung in das Grundbuch. Hier gilt das sogenannte "formelle Konsensprinzip", d.h. eine Rechtsänderung kann nur aufgrund der Bewilligung des betroffenen Rechtsinhabers erfolgen (§§ 19, 39 GBO). Der eingetragene Rechtsinhaber ist allerdings G. Diesem gegenüber steht V deshalb ein Hilfsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB auf Zustimmung zur Eintragung ins Grundbuch zu (zur Wirkung der Vormerkung auch Kohler, in: MüKo-BGB, 8.A. 2020, § 883 RdNr. 50). Ich hoffe, so wird es nun etwas klarer :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

STE

StellaChiara

2.10.2023, 16:42:04

aber ist es richtig, dass zwar ein gutgläubiger erwerb des G nach 892 bgb in frage gekommen wäre, die vormerkung aber im GB eingetragen war und der gutgläubiger erwerb des G damit ausgeschlossen war?

BL

Blotgrim

15.4.2024, 09:03:54

Dazu gibt der Sachverhalt nicht so wirklich Infos. Aber da die Vormerkung vor Erwerb des G eingetragen war ist der gutgläubige Erwerb in jedem Fall ausgeschlossen

BES

besinha

28.4.2024, 22:00:04

@[Blotgrim](167544) ist der gutgläubige Erwerb nicht erst ausgeschlossen wenn positive Kenntnis über die Eintragung der Vormerkung besteht? Oder ist es bei der Vormerkung so, dass ab der Eintragung der Vormerkung trotz fehlender positiver Kenntnis kein gutgläubiger Erwerb mehr erfolgen kann?

VO

Vojtech

14.6.2022, 14:02:55

Ist die Lösung an die Lösung des BGH angelehnt? Denn ich würde bei der “Nützlichkeit” der Verwendungen im Hinblick auf den Zweck der Norm auch auf die Ansichten verweisen (und diesen auch folgen), die auf die Sicht des “Eigentümers” abstellen (subjektiver Maßstab) … Man kann den Streit aber auch erst iRd. § 818 III aufmachen.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

15.6.2022, 21:22:06

Hallo Vojtech, wir haben die Frage präzisiert und einen Vertiefungshinweis eingefügt, der auf die von dir angesprochene subjektive Ansicht verweist. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

paul

paul

27.5.2023, 22:10:02

Gibts nicht noch auch die Vorwirkung der vormerkung

Pilea

Pilea

19.10.2023, 07:49:35

Ich finde die dritte Frage nicht ganz richtig gestellt. Grundsätzlich kommen doch die EBV-Ansprüche gerade nicht in Betracht - eben nur im Ausnahmefall der Analogie.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

19.10.2023, 13:23:03

Hallo Pilea, vielen Dank für das Feedback. Grundsätzlich sind im Gutachten auch Anspruchsgrundlagen anzusprechen (und kommen damit in Betracht), die im Ergebnis abgelehnt werden. Denn der Bearbeitervermerk verlangt dabei regelmäßig eine umfassende Prüfung aller aufgeworfenen Rechtsfragen. Bevor Du zur Analogie kommst, musst Du insofern zunächst die direkte Anwendbarkeit ablehnen. Was noch "in Betracht" kommt, ist letztlich natürlich auch ein wenig von den Korrektor:innen abhängig. Die Prüfung entfernt liegender Ansprüche kostet Dich vor allem Zeit und kann Dir den Vorwurf mangelnder Schwerpunktsetzung einhandeln. Im Hinblick auf die direkte Anwendung der EBV-Ansprüche würde sich aber empfehlen, diese zumindest kurz "abzubügeln", um dann auf die Analogie einzugehen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Pilea

Pilea

19.10.2023, 16:13:56

Danke für die Antwort, da hab ich dann die Frage nicht richtig verstanden. Das "grundsätzlich" in der Fragestellung hat mich verwirrt, wenn man die Analogie schon im Kopf hat.

RAP

Raphaeljura

5.1.2024, 07:42:36

Ist eine Bösgläubigkeit nicht automatisch indiziert dadurch, dass eine Vormerkung bzg. des Wiederkaufs eingetragen ist`?

Edward Hopper

Edward Hopper

1.2.2024, 15:25:22

Nein, es kommt auf das wissen des betroffenen an.


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