Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Gesetzgebungskompetenzen

Prüfung einer Länderzuständigkeit - „Bundesschulgesetz“ [F]

Prüfung einer Länderzuständigkeit - „Bundesschulgesetz“ [F]

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

Die Bundesregierung will die Bildung an allen allgemeinbildenden Schulen in Deutschland vereinheitlichen. Sie bringt ein Bundesschulgesetz (BSchulG) in den Bundestag ein (vgl. Art. 76 Abs. 1 Var. 1 GG).

Diesen Fall lösen 78,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Prüfung einer Länderzuständigkeit - „Bundesschulgesetz“ [F]

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das BSchulG ist formell verfassungswidrig, soweit der Bundesregierung die Gesetzgebungskompetenz für das BSchulG fehlt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Art. 70-74 GG regeln die Verbandszuständigkeit für die Gesetzgebung. Gesetzgebungsbefugnisse können nur dem Bund oder den Ländern verliehen werden (vgl. Art. 70 Abs. 1 GG). Die Bundesregierung ist kein eigener Verband, sondern nur ein Organ des Bundes. Die Bundesregierung kann als solche also keine Gesetzgebungskompetenz innehaben. Diese kann nur dem Bund zukommen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Das BSchulG ist formell verfassungswidrig, soweit dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für das BSchulG fehlt.

Ja!

Die Gesetzgebungskompetenz ist neben dem Gesetzgebungsverfahren eine zwingende Voraussetzung für die formelle Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. War der Gesetzgeber nicht gesetzgebungsbefugt, ist das Gesetz insoweit formell verfassungswidrig.

3. Grundsätzlich haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz inne (Art. 30 GG; 70 Abs. 1 Hs. 1 GG).

Genau, so ist das!

Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG regelt den Grundsatz der Länderzuständigkeit für die Gesetzgebung. Fehlt es an einer geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, sind demnach die Länder zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG). Der Grundsatz der Länderzuständigkeit (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG) ist Ausgangspunkt jeder Prüfung der Gesetzgebungskompetenzen. Wenn Du diesen Grundsatz nicht zum Einstieg erläuterst, wird Dir unterstellt, dass Du die Aufteilung der Staatsgewalt zwischen Bund und Ländern nicht verstehst.

4. Der Bund ist ausnahmsweise für das BSchulG zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 2 GG), weil eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 71 GG) besteht.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Kompetenztitel des Bundes für das Recht der allgemeinbildenden Schulen ergibt sich weder aus Art. 73 Abs. 1 GG noch aus sonstigen Vorschriften des GG.

5. Der Bund ist ausnahmsweise für das BSchulG zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 2 GG), weil eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 72 Abs. 1-3 GG) besteht.

Nein!

Art. 74 Abs. 1 GG enthält keine einschlägigen Kompetenztitel für das Recht der allgemeinbildenden Schulen. Aus der Kompetenz für die „Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG) kann zudem im Umkehrschluss gefolgert werden, dass die allgemeinbildenden Schulen nicht in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen.

6. Der Bund ist ausnahmsweise für das BSchulG zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 2 GG), weil eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Für die Annexkompetenz und die Kompetenz kraft Sachzusammenhang fehlt es an einem normativen Anknüpfungspunkt im GG. Auch eine Kompetenz kraft Natur der Sache ist abzulehnen.

7. Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz für das BSchulG.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Grundgesetz hat dem Bund keine geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenzen für das Recht der allgemeinbildenden Schulen verliehen (Art. 70 Abs. 1 Hs. 2 GG). Daher haben nach dem Grundsatz der Länderzuständigkeit ausschließlich die Länder das Recht der Gesetzgebung (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG). Das BSchulG ist daher formell verfassungswidrig.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NACHDE

Nachdenker

17.10.2023, 12:38:39

Bei der Antwort auf die erste Frage ist glaube ich ein Fehler unterlaufen.

Paul König

Paul König

20.10.2023, 16:40:36

Hey @Nachdenker, die erste Frage soll dafür sensibilieren, dass die Gesetzgebungskompetenz nicht der Bundesregierung oder dem Bundestag zusteht, sondern dem Bund oder den Ländern (daher auch der Fettdruck). Welchen Fehler siehst Du dabei? Beste Grüße - Paul (für das Jurafuchs-Team)

JUL

Julian

25.1.2024, 11:01:23

Es ist schon ein bisschen verwirrend in der Hinsicht, dass sich die Gesetzgebungskompetenz ja in Verbands- und Organkompetenz gliedert. Da die Frage lautet, ob das Gesetz formell Verfassungswidrig ist, wenn der Bundesregierung die Gesetzgebungskompetenz fehlt, wäre die richtige Antwort meines Erachtens „Stimmt“. Da ja auch die Organkompetenz eine Rolle spielt und die BUNDESregierung ja die Verbandskompetenz des Bundes impliziert. Mangels Organkompetenz fehlt der Bundesregierung die Gesetzgebungskompetenz.


© Jurafuchs 2024