Kostentenor: Zug-um-Zug Verurteilung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Karla (K) erhebt Klage gegen Tom (T) auf Zahlung des Kaufpreises für sein neues Rennrad in Höhe von €10.000. T macht geltend, dass er nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Rennrads zahlen müsse. Die Klage ist begründet. Allerdings wird Karla auf Toms Antrag verurteilt, ihm Zug-um-Zug das Rennrad (Wert: €10.000) zu übergeben und zu übereignen.
Diesen Fall lösen 78,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Kostentenor: Zug-um-Zug Verurteilung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da Karla die eingeklagten €10.000 zugesprochen bekam, richtet sich die Kostenverteilung nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ändert sich durch die Verteidigung mit dem Zurückbehaltungsrecht der Gebührenstreitwert?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Um die Kostenquote nach § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO zu berechnen, bildet man aus der Leistung, die der Kläger verlangt, und der zu erbringenden Gegenleistung einen fiktiven Gesamtstreitwert.
Ja, in der Tat!
4. Da Karla €10.000 von T verlangt und das herauszugebende Rennrad wiederum €10.000 wert ist, beträgt der fiktive Gesamtstreitwert €20.000.
Nein!
5. Der Kostentenor lautet: „Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.“
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Saufen_Fetzt
17.12.2022, 09:50:43
Inwieweit führe ich in den Entscheidungsgründen dann aus, wie ich auf die €15k komme? Denn eine gesetzliche Grundlage gibt es dafür ja nicht.
Lukas_Mengestu
20.12.2022, 08:46:44
Hallo Saufen_Fetzt, in den Entscheidungsgründen musst Du dies nicht näher begründen. Hier würdest Du einfach kurz festhalten: "Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO." Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
DominickKantor
15.11.2023, 09:05:53
Ich finde für die Praxis, den Wert der Zug-um-Zug Leistung beim fiktiven Gebührenstreitwert mit 50% anzusetzen, keine Urteile dazu. Habt ihr eine Fundstelle? Die Praxis muss ja irgendwo her kommen.
Lukas_Mengestu
15.11.2023, 14:58:54
Hallo DominickKantor, die Bestimmung des Abschlags in der Praxis ist maßgeblich davon abhängig, wie sehr der Kläger durch die Zug-um-Zug Verurteilung eingeschränkt nach Auffassung des Gerichts beeinträchtigt wird. So kann im
Einzelfallder Wert des
Zurückbehaltungsrechts als so gering zu bemessen sein, dass eine Kostenentscheidung nach § 92 II Nr. 1 ZPO ergehen kann und der Beklagte trotz Teil-Obsiegens die volle Kostenlast zu tragen hat (zB wenn Erfüllung des
Zurückbehaltungsrechts für den Kläger keinen nennenswerten Aufwand erforder, zB OLG Frankfurt: https://openjur.de/u/297980.html). Da die Bestimmung also stark
einzelfallabhängig ist, wird in der Ausbildungsliteratur (u.a. Anders/Gehle, Assessorexamen ZivilR, 15. A. 2022, Kapitel G. RdNr. 26) auf einen groben Richtwert von 50% abgestellt. Eine gefestigte Rechtsprechung stellt dies indes nicht dar. Wir haben dies hier noch einmal klargestellt. (näher hierzu auch: BeckOK ZPO/Jaspersen, 50. Ed. 1.9.2023, ZPO § 92 Rn. 29; Arz, Das sofortige Anerkenntnis im Rahmen von Zug-um-Zug-Verurteilungen = NJW 2014, 2828; MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, ZPO § 92 Rn. 9). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Semi
4.12.2024, 09:45:52
Uns wurde im Ref (Bln) mehrfach gesagt, dass Korrektoren sich an Formulierungen mit "trägt die Kosten" oder "tragen die Kosten" stoßen (denn man weiß ja nicht, ob sie tatsächlich zahlen) und man in Anlehnung an den Wortlaut des § 91 I ZPO besser mit "hat die Kosten zu tragen" oder "haben die Kosten zu tragen" formulieren sollte. Ich weiß, es ist wieder einmal juristische Überpenibilität, aber so steht man auf der sicheren Seite und prägt es sich gleich korrekt(er) ein.
P K
4.12.2024, 22:55:54
Glaube das sind einfach persönliche Präferenzen. Unser AG Leiter im Verwaltungsrecht wollte es genau umgekehrt.
Semi
5.12.2024, 00:29:20
Ich persönlich finde es auch peinlich genau, also nicht falsch verstehen, aber in § 154 I VwGO steht hingegen auch "trägt die Kosten". Das ist bestimmt nicht kriegsentscheidend, aber gerade beim Tenor möchte man ja nicht unnötig auffallen...