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Jurafuchs

Karla (K) erhebt Klage gegen Tom (T) auf Zahlung des Kaufpreises für sein neues Rennrad in Höhe von €10.000. T macht geltend, dass er nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Rennrads zahlen müsse. Die Klage ist begründet. Allerdings wird Karla auf Toms Antrag verurteilt, ihm Zug-um-Zug das Rennrad (Wert: €10.000) zu übergeben und zu übereignen.

Einordnung des Falls

Kostentenor: Zug-um-Zug Verurteilung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da Karla die eingeklagten €10.000 zugesprochen bekam, richtet sich die Kostenverteilung nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Nein!

Wird dem Klageantrag in vollem Umfang entsprochen oder wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen, ist grundsätzlich eine Kostenentscheidung nach § 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 ZPO zu treffen. Es gilt der Grundsatz „the winner takes it all“. Hier wird K zwar der volle Kaufpreis zugesprochen. Allerdings stellt die „Zug-um-Zug“-Verurteilung ein Minus gegenüber der unbeschränkten Verurteilung dar. Die „unbedingte“ Klage wurde somit teilweise abgewiesen, weshalb stattdessen die Kosten nach § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO verhältnismäßig zu teilen sind.

2. Ändert sich durch die Verteidigung mit dem Zurückbehaltungsrecht der Gebührenstreitwert?

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Höhe des Streitwerts kommt es grundsätzlich auf das Interesse des Beklagten nicht an, sondern nur auf das vom Kläger geltend gemachte Begehren. Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts beeinflusst den Gebührenstreitwert also nicht, selbst wenn die Gegenleistung höher zu bewerten ist als die Klageforderung.Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht § 45 Abs. 3 GKG. Die Norm gilt aber nur im Fall einer (1) hilfsweise erklärten Aufrechnung mit einer (2) bestrittenen Gegenforderung. Auf das Zurückbehaltungsrecht ist sie nicht anwendbar.

3. Um die Kostenquote nach § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO zu berechnen, bildet man aus der Leistung, die der Kläger verlangt, und der zu erbringenden Gegenleistung einen fiktiven Gesamtstreitwert.

Ja, in der Tat!

Da sich der normale Gebührenstreitwert im Falle der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht erhöht, muss bei der Berechnung der Kostenquote auf einen fiktiven Streitwert zurückgegriffen werden. Dieser ergibt sich aus dem Wert der Klage (=Gebührenstreitwert) und dem Wert der Zug-um-Zug Verurteilung für den Beklagten.

4. Da Karla €10.000 von T verlangt und das herauszugebende Rennrad wiederum €10.000 wert ist, beträgt der fiktive Gesamtstreitwert €20.000.

Nein!

Der Beklagte erhält durch die Verurteilung Zug-um-Zug keinen eigenen Vollstreckungstitel. Sie bewirkt lediglich, dass der Kläger nur gegen den Nachweis vollstrecken kann, dass der Schuldner die Leistung (Eigentum) erhalten hat, oder im Annahmeverzug ist (vgl. § 756 Abs. 1 ZPO). Aus diesem Grund wird der Wert der Zug-um-Zug Verurteilung üblicherweise lediglich auf einen Anteil des tatsächlichen Werts der zu erbringenden Gegenleistung angesetzt.Für die Bemessung des fiktiven Streitwerts ist es ohne weitere Angaben vertretbar auf die Hälfte des tatsächlichen Rennradwertes abzustellen (=€5.000). Zusammen mit dem eingeklagten Kaufpreis ergibt das einen fiktiven Gesamtstreitwert von €15.000.Der u.a. in der Ausbildungsliteratur genannte Abschlag von 50% bei Zug-um-Zug Verurteilungen dient lediglich als Richtwert! In der Praxis ist der mit der Gegenleistung verbundene Aufwand (und damit der Unterliegensanteil) stets im Einzelfall zu beurteilen.

5. Der Kostentenor lautet: „Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.“

Genau, so ist das!

Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen. Dies folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO. Die Quote, die die Kostenverteilung zwischen den Parteien festlegt, ergibt sich bei der Zug-um-Zug Verurteilung aus dem fiktiven Gesamtstreitwert und der Höhe des Unterliegens der jeweiligen Partei. K verliert in Höhe von €5.000 (Zug-um-Zug Leistung), T bezüglich des eingeklagten Kaufpreises (€10.000). Setzt man die Unterliegensanteile ins Verhältnis zum fiktiven Streitwert ergibt sich die Kostenverteilung von 1/3 (€5000/€15.000) zu 2/3 (€10.000/€15.000).

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