§ 281 – Bezugspunkt / Hersteller kein § 278


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Technikfan T kauft im Media Markt (M) am Black Friday einen neuen Sony PC-Monitor für €300. Zu Hause bemerkt er, dass der Monitor wegen eines Herstellungsfehlers einen lila Farbstich hat. T setzt M eine Frist zur Nacherfüllung, die M fahrlässig verstreichen lässt. Daraufhin tritt T zurück und kauft den gleichen Monitor bei Saturn zum Normalpreis von €500.

Einordnung des Falls

§ 281 – Bezugspunkt / Hersteller kein § 278

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die richtige Anspruchsgrundlage für die Mehrkosten ist § 281 BGB.

Genau, so ist das!

Bei gedachter Nacherfüllung im letztmöglichen Zeitpunkt – Reparatur des Monitors unmittelbar vor dem Rücktritt – wären die Mehrkosten durch den Deckungskauf nicht entstanden. Der Schaden ist daher durch eine fiktive Nacherfüllung behebbar und ein Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB. § 281 BGB setzt voraus: (1) Ein Schuldverhältnis, (2) eine Pflichtverletzung (3) eine erfolglose Nachfristsetzung, (4) Vertretenmüssen und (5) einen Schaden.

2. Indem M mangelhaft geleistet und nicht nacherfüllt hat, er „die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet“ erbracht (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt. Der Verkäufer ist verpflichtet, die Sache dem Käufer mangelfrei zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) und bei Mangelhaftigkeit nachzuerfüllen (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB). M hat beide Pflichten nicht erfüllt und die erforderliche Fristsetzung verstreichen lassen.

3. Als Anknüpfungspunkt für die Pflichtverletzung bei § 281 BGB kommen sowohl die mangelhafte Lieferung als auch die unterbliebene Nacherfüllung innerhalb der gesetzten Frist in Betracht.

Ja!

Der Schuldner kann zwei Pflichten verletzen: (1) Seine Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) und (2) seine Pflicht zur fristgerechten Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB). Nach hM genügt es für § 281 BGB, dass der Verkäufer zumindest eine der beiden Pflichtverletzungen zu vertreten hat – egal welche. Denn die Nacherfüllung soll dem Schuldner nur eine zweite Chance geben, eine frühere Pflichtverletzung zu beheben. Sie soll ihn aber nicht aus einer Haftung befreien, wenn er diese Chance aus zufälligen nachträglichen Umständen nicht nutzen kann.

4. M hat die Verletzung seiner Pflicht zur mangelfreien Leistung zu vertreten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Schadensersatzansprüche der §§ 280ff. BGB setzen voraus, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Verursacht hat die Mangelhaftigkeit der Hersteller, nicht M. M hat als Händler auch keine umfassende Überprüfungspflicht. Im Übrigen ist der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers (§ 278 S. 1 BGB), denn die Herstellung der Sache gehört nicht zum Pflichtenkreis des Verkäufers. M hat die ursprüngliche Schlechtleistung nicht zu vertreten.

5. M hat die Verletzung seiner Pflicht zur Nacherfüllung innerhalb der gesetzten Frist zu vertreten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

M hat fahrlässig nicht innerhalb der gesetzten Frist nacherfüllt und daher zumindest diese Pflichtverletzung zu vertreten, was nach hM genügt.

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DO

Dominic

11.8.2023, 16:03:45

Reicht es also aus, wenn man die Sache selbst nur vom Hersteller kauft, um die Vermutung des Vertretenmüssens aus § 280 I 2 BGB hinsichtlich des Mangels der Kaufsache zum Zeitpunkt der Übergabe zu widerlegen?

MLENA

MLena

15.3.2024, 10:20:59

Ja tatsächlich! Da sich der Verkäufer ein Verschulden des Herstellers nicht nach § 278 zurechnen lassen muss und ihn in der Regel auch keine Untersuchungspflichten treffen, ist er schnell „aus dem Schneider“ und entlastet. Ich fand das Ergebnis auch erst seltsam, wenn man es durchdenkt, ergibt es aber durchaus Sinn, da er ja trotzdem eine Pflicht zur Nacherfüllung hat.

LS2024

LS2024

28.5.2024, 10:34:50

Nein, die Vermutungswirkung bleibt bestehen. Der Verkäufer kann aber die Vermutung widerlegen, indem er beweist, dass ein Dritter für dessen Verschulden er nicht nach § 278 BGB haftet, für den Mangel verantwortlich ist. Das ist hier ja laut Sachverhalt gegeben ("Herstellungsfehler").

paulmachtexamen

paulmachtexamen

4.6.2024, 13:20:47

Liebe Jurafüchse, ihr schreibt in der Aufgabe, die richtige AGL für die Mehrkosten sei 281. Kann es sein, dass man hier eigentlich noch 437 Nr. 3 ergänzen müsste? Schließlich hat der Gefahrenübergang bereits stattgefunden? Falls ich falsch liege, würde ich mich über eine Erklärung freuen.


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