Vorzeitiger Deckungskauf

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Autohändler A bestellt bei Hersteller H einen Porsche 911 zum einmalig günstigen Preis von €50.000, lieferbar zum 1.3. Als H am 1.3. nicht liefert, setzt A ihm eine Frist bis zum 10.3. Schon am 5.3. kauft A anderswo den gleichen Porsche zum Marktpreis von €100.000, um einen seiner Kunden zu beliefern. Am 9.3. liefert H; A will die Mehrkosten ersetzt haben.

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Einordnung des Falls

Vorzeitiger Deckungskauf

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei den Mehrkosten handelt es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung, weil der Schaden bereits endgültig eingetreten ist und durch eine Nacherfüllung nicht mehr behoben werden kann.

Nein!

Nach hM fallen die Mehrkosten eines vorzeitigen Deckungskaufs unter den Schadensersatz statt der Leistung (§ 281 BGB). Denn (1) die Ersatzsache tritt ihrer Art nach an die Stelle der geschuldeten Leistung und ersetzt damit das Erfüllungsinteresse. (2) Der Käufer würde bei einem Schadensersatzanspruch neben der Leistung so gestellt, als bekäme er den besonders günstigen Vertrag zweimal erfüllt. Er könnte dann nämlich weiterhin die ursprüngliche Leistung verlangen und würde zusätzlich die Mehrkosten für den Deckungskauf ersetzt bekommen. Dies würde gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen.
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2. Die Voraussetzungen des § 281 BGB liegen vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB ist, dass die gesetzte Frist fruchtlos verstreicht. Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ist hierbei nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat; vielmehr muss auch der Leistungserfolg eingetreten sein. H hat vor Fristablauf den Leistungserfolg erbracht, nämlich dem A eine mangelfreien Sache übereignet und übergeben (§ 433 Abs. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BIE

Bienenschwarmverfolger

25.11.2022, 22:45:10

Nach meiner (persönlichen) Meinung ist diese Rspr./hM so nicht nachvollziehbar: Hat A bspw. den Wagen für 50.000 € weiterverkauft, muss er wiederum einen

Deckungskauf

seines Käufers befürchten (und bei „wichtigeren“ Waren noch höhere Verzugsschäden). Unterlässt er den

Deckungskauf

, bekommt er die günstige Primärleistung und kann zusätzlich problemlos (als Verzugsschaden) Regress bei H für den Schadensersatz nehmen, den er an den Drittkäufer leisten muss. Das läuft dann wirtschaftlich aufs selbe Ergebnis hinaus, wie wenn A die Mehrkosten für den

Deckungskauf

ersetzt bekäme. Deshalb würde ich hier die „Lorenz-Formel“ konsequent anwenden, also den

Deckungskauf

vor Fristablauf als SE neben der Leistung ansehen und ihn A nur versagen, soweit er mit dem vorzeitigen

Deckungskauf

gegen deine Schadensminderungs

obliegenheit

verstößt (etwa wenn Schadensersatzansprüche des Drittkäufers ausscheiden oder viel geringer wären als die Mehrkosten des

Deckungskauf

s).

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.11.2022, 18:42:15

Hallo Bienenscharmverfolger, danke für deine Anmerkung. Mit deinem Störgefühl bist du defintiv nicht alleine - auch in der Literatur hat sich die Ansicht des BGH nicht konsequent durchgesetzt. Lorenz ist da definitiv ein prominentes Beispiel für, aber nicht das einzige. In einer Klausur ist man immer gut beraten, die Ansicht des BGH zumindest gut darzustellen. Ob man dieser folgt, ist dann eine andere Frage. Solange man den BGH gut begründet ablehnt, ist es auf jeden Fall auch in einer Klausur gut vertretbar z.B. Lorenz zu folgen. (Auch wenn ich von dem Begriff "Lorenz-Formel" absehen und einfach auf die zeitliche Abgrenzung abstellen würde.) Zudem sei noch darauf hingewiesen, dass die letzte Entscheidung des BGH dazu noch nicht allzu lange her ist und es abzuwarten bleibt, wie sich der Streit weiter entwickelt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DO

Dominic

11.8.2023, 16:35:45

Könntet Ihr einmal erläutern wieso Lorenz hier etwas anderes vertritt? Ich hätte gedacht, das ist genau die Lösung, die auch Lorenz vertritt, also nach der zeitlichen Abgrenzung (Zauberformel von Lorenz). Die zeitliche Abgrenzung stellt doch darauf ab, ob der Schaden im letztmöglichen Zeitpunkt, also hier im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch entfallen wäre. Und hätte M im Zeitpunkt vor dem Rücktritt noch geleistet, wäre doch der Schaden (die

Deckungskauf

kosten) noch entfallen, weil der

Deckungskauf

erst nach der Rücktrittserklärung stattgefunden hat. Damit läge doch auch nach der Lösung von Lorenz ein Schadensersatz statt der Leistung vor.

0815jurafuchs

0815jurafuchs

8.5.2024, 12:09:27

Hallo liebes jurafuchs-team und alle anderen, dazu eine vielleicht dumme Frage. Ist der Gläubiger schadensersatzanspruchsberechtigt, wenn er trotz entbehrlichkeit einer

fristsetzung

eine solche gesetzt hat und vor fristablauf einen

deckungskauf

vornimmt?

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

13.5.2024, 15:14:36

Hallo 0815jurafuchs, nein wäre er nicht. Hierzu Urteil: BGH, Urteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09 Wer eine Frist setzt, muss sich dann auch an jene halten.  Beste Grüße Max - für das Jurafuchs-Team


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