Zivilrecht
Kaufrecht
Ausschluss & Erweiterung der Gewährleistung
Grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel, arglistiges Verschwiegen (§ 442 I 2)
Grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel, arglistiges Verschwiegen (§ 442 I 2)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Verkäuferin V kauft auf dem Markt bei Obsthändler O eine Schale Erdbeeren, die sie sich für ihr Obstgeschäft ausgesucht hat. Dabei fällt ihr nicht auf, dass die Erdbeeren offensichtlich verschimmelt sind. Auf dem Heimweg bemerkt sie den Schimmelbefall. Sie kehrt um und verlangt eine andere Schale.
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Einordnung des Falls
Grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel, arglistiges Verschwiegen (§ 442 I 2)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V und O haben auf dem Markt einen Kaufvertrag über die Schale Erdbeeren geschlossen (§ 433 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Erdbeeren waren bei Gefahrübergang (§ 446 S. 1 BGB) sachmangelhaft, weil sie nicht eine Beschaffenheit aufweisen, "die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann" (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).
Ja!
3. V hat grundsätzlich einen Anspruch auf eine andere Schale schimmelfreie Erdbeeren (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB).
Genau, so ist das!
4. Der Nacherfüllungsanspruch des Käufers ist nur dann ausgeschlossen, wenn ihm Mangel bei Vertragsschluss bekannt ist (§ 442 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
5. Der Nacherfüllungsanspruch der V ist trotz ihrer groben Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen, weil O sie nicht auf den Schimmel hingewiesen hat (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB).
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Philipp
17.7.2022, 12:59:57
olfis
26.7.2022, 12:21:28
offensichtlich veraltet, sonst würde auch § 475 III 2 Anwendung finden, weswegen hier kein Ausschluss nach § 442 gegeben wäre 👍🏼
Lukas_Mengestu
3.8.2022, 17:04:30
Danke euch beiden, wir haben den Fall entsprechend aktualisiert. Insbssondere haben wir im Sachverhalt klargestellt, dass es sich nicht um einen
Verbrauchsgüterkaufhandelt. Denn sonst würde in der Tat § 475 Abs. 3 S.2 BGB greifen, sodass unabhängig von der Kenntnis/grob fahrlässigen Unkenntnis der V der Haftungsausschluss nicht greifen würde. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
kleinerPadawan
9.3.2023, 17:17:39
In der aller ersten Frage zum Fall ist immernoch die alte Norm zitiert ;)
Pilea
15.10.2023, 10:38:50
In der ersten Frage ist noch der alte Sachmangelbegriff enthalten.
Julian
20.11.2023, 12:34:50
Vielleicht könnte man im Fall noch etwas mehr auf die Unternehmereigenschaft der V hinweisen. Gem. §14 braucht man ein Rechtsgeschäft bei dessen Abschluss die V im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit gehandelt hat. Eventuell könnte man ergänzen, dass sie als Obsthändlerin, für ihren Obsthandel einen Einkauf vornimmt. Würde sie als Verkäuferin, die Erdbeeren zuhause essen wollen, wäre vorliegend ein Verbrauchervertrag gegeben.
Leo Lee
25.11.2023, 13:14:31
Hallo Julian, vielen Dank für diesen sehr wichtigen Hinweis! Wir haben den Sachverhalt nun entsprechend ergänzt :). Liebe Grüße für das Jurafuchsteam – Leo
Bienenschwarmvereinigung 🐝🐝🐝
20.1.2024, 16:59:42
Bedeutet der Umkehrschluss des § 442 I S. 1 BGB, dass sollte der Käufer den Mangel kennen der Verkäufer sich immer, obwohl er arglistig getäuscht hat, auf einen Haftungsausschluss der Mängelrechte berufen kann? Also seltene Konstellation aber wieso wird hier der arglistig handelnde Verkäufer derart geschützt?
Bioshock Energy
2.7.2024, 15:05:10
Hallo, könnte man hier auch den § 377 HGB als Ausschlussgrund anprüfen und aufgrund der Erkennbarkeit des Mangels bei der Untersuchung Ablehnen oder findet der hier schon gar keine Anwendung weil kein Ablieferungsfall iSd. § 377 I HGB vorliegt?
Dogu
20.8.2024, 11:47:34
Es liegen nicht genug Informationen für die Beurteilung der Kaufmannseigenschaft vor.
Dogu
20.8.2024, 11:48:57
Bei einem Marktstand liegt es eher sogar nahe, dass der Verkäufer Landwirt ist und eine Kaufmannseigenschaft daher nur im Ausnahmefall vorliegt.