+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Staatsanwältin S ermittelt gegen den T, der die O umgebracht und die Leiche versteckt hat. T schweigt während der Vernehmung. S fehlt es an Beweisen und sie überlegt, das Verfahren einzustellen. Zeuge Z meldet sich. Er kann T belasten und weiß, wo die Leiche vergraben ist. Dank der neuen Beweise hält S eine Verurteilung für wahrscheinlich.
Einordnung des Falls
Anklageerhebung nach § 170 I
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S muss Anklage erheben.
Ja!
Die Staatsanwaltschaft verfügt über das Anklagemonopol. Sie ist wegen des Legalitätsprinzips grundsätzlich dazu verpflichtet, bei Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts die Tat anzuklagen (§§ 152, 170 Abs. 1 StPO). Hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn nach Abschluss der Ermittlungen die Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlich erscheint, d.h. wahrscheinlicher als ein Freispruch. Dazu muss die Staatsanwaltschaft die ihr vorliegenden Beweise würdigen. S hält die Verurteilung des T für überwiegend wahrscheinlich.
2. S muss die Anklage schriftlich erheben.
Genau, so ist das!
Die Erhebung der öffentlichen Klage erfolgt nach § 170 Abs. 1 StPO durch Einreichung einer Anklageschrift. Die Anklageschrift hat zwei Funktionen: (1) Die Umgrenzung des Prozessgegenstands für das Gericht (Umgrenzungsfunktion) und (2) die Information des Beschuldigten(Informationsfunktion). Die inhaltlichen Anforderungen an die Anklage sind in § 200 StPO geregelt. Die Anforderung der Schriftlichkeit ergibt sich schon aus der Bezeichnung „Anklageschrift“ (§§ 170 Abs. 1, 200 StPO).