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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 50-jährige Bäcker B, ist seit 30 Jahren für Arbeitgeberin A tätig und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. A kündigt B aufgrund von notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen betriebsbedingt. Die 35-jährige, kinderlose Mitarbeiterin M, die erst seit 10 Jahren in Bäckerei tätig ist, soll bleiben. KSchG ist anwendbar.

Einordnung des Falls

Fehlerhafte Sozialauswahl

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt wurde (§ 1 Abs. 3 KSchG).

Ja!

Die betriebsbedingte Kündigung ist nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn die erforderliche Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG erfolgt in drei Schritten: (1) Feststellung, welche Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen sind, (2) Herausnahme solcher Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG), (3) Auswahlentscheidung anhand der in § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG genannten sozialen Gesichtspunkte. Mit dem Erfordernis der Sozialauswahl wird bezweckt, dass grundsätzlich derjenige Arbeitnehmer durch die betrieblich veranlasste Kündigung getroffen wird, der aus ihr die geringsten Nachteile zu erwarten hat.

2. B und M sind beide in die Sozialauswahl einzubeziehen.

Genau, so ist das!

In die soziale Auswahl sind zunächst alle Arbeitnehmer eines Betriebes einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind (Betriebsbezogenheit der Sozialauswahl). Vergleichbar sind Arbeitnehmer die austauschbar sind. Dies richtet sich insbesondere nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Der zu kündigende Arbeitnehmer müsste daher nach seiner Qualifikation ohne weiteres die Tätigkeit des anderen Arbeitnehmers übernehmen können. Das heißt, es sind nur solche Arbeitnehmer einzubeziehen, die in der Betriebshierarchie auf der gleichen Stufe angesiedelt sind (Grundsatz der horizontalen Vergleichbarkeit). B und M sind beide als Bäcker in demselben Betrieb tätig, sodass sie vergleichbar und daher beide in Sozialauswahl einzubeziehen sind. Es erfolgt kein vertikaler Vergleich zu anspruchsvolleren oder anspruchsloseren Tätigkeiten, da ansonsten ein „Anspruch auf Beförderung durch die Hintertür“ oder Verdrängungswettbewerb nach unten entstünde.

3. M ist aufgrund ihrer Bedeutung aus der Sozialauswahl herauszunehmen (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG).

Nein, das trifft nicht zu!

In Sozialauswahl sind diejenigen Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG). Es ist nicht ersichtlich, dass die Weiterbeschäftigung der M im berechtigten betrieblichen Interesse des A liegt, sodass sie nicht aus dem Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer auszunehmen ist.

4. A hat eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung getroffen, als er dem B gekündigt hat.

Nein!

Bei der Auswahlentscheidung sind vier Aspekte zu berücksichtigen: Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers (§ 1 Abs.3 S.1 KSchG). Bei Abwägung der Sozialkriterien ergibt sich, dass B aufgrund der längeren Betriebszugehörigkeit, des höheren Alters und der Unterhaltsverpflichtungen schutzwürdiger als M ist. Die von A vorgenommene Sozialauswahl war somit fehlerhaft. Seit dem 1.1.2004 ist der Katalog der Auswahlkriterien in § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG abschließend geregelt und auf die dort genannten vier Merkmale begrenzt. Der Arbeitgeber muss darüber hinaus keine anderen Merkmale berücksichtigen.

5. Ist die betriebsbedingte Kündigung des B hier sozial gerechtfertigt und wirksam (§ 1 Abs. 2 KSchG)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn (1) eine unternehmerische Entscheidung wegen eines dringenden betrieblichen Grundes zum dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes führt, (2) keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit oder sonstige mildere Mittel bestehen und (3) eine ordnungsgemäße Sozialauswahl (§ 1 Abs.3 KSchG) vorgenommen wurde. Aufgrund der fehlerhaften Sozialauswahl ist die betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt und somit unwirksam.

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